Eine Burg aus Plastikmüll

In Südamerika nutzt ein Kanadier weggeworfenen Kunststoff für ungewöhnliche Architektur.

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Von
  • Oliver Ristau

Mangrovenwälder und karibische Strände: Das Inselarchipel von Bocas del Toro in Panama ist ein Naturparadies. Kein Wunder, dass die Eilande an der Grenze zu Costa Rica ein beliebtes Urlaubsziel sind. Der Nachteil: Die Touristen hinterlassen viel Abfall – darunter Zigtausende Plastikflaschen.

Robert Bezeu hat dem Müll den Kampf angesagt. Eigentlich war der Kanadier vor neun Jahren auf die Hauptinsel Isla Colón gekommen, um sich zur Ruhe zu setzen. Doch als er das Problem sah, entschloss er sich, die Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) einzusammeln und Häuser daraus zu bauen, ohne dass er entsprechende Vorkenntnisse mitbrachte.

Das jüngste Bauwerk erinnert an eine mittelalterliche Burg mit Türmen, Zinnen und Dreiecksfenstern. Dafür haben Bezeu und seine Helfer mehr als 40000 der nicht brennbaren Flaschen verarbeitet. Sie stecken in Kästen aus Moniereisen und Draht. Die zerbeulten Flaschen kommen so, wie sie weggeworfen wurden, in die Quader: "300 Flaschen zu 0,3 Liter oder 150 zu 1,5 Liter passen in die Käfige", sagt der 66-Jährige. Die Elemente sind knapp drei Meter hoch, 60 Zentimeter breit sowie 18 Zentimeter tief. Sie werden miteinander verschweißt und in das Ständerwerk aus Beton eingesetzt.

Die PET-Festung soll in wenigen Monaten fertiggestellt sein und dann als Resort dienen, in dem Öko-Touristen über die Belastung der Ozeane informiert werden. Eine Künstlerin gestaltet deshalb Fußböden und Plakate mit Grafiken und Texten. "Wenn jeder Mensch nur eine Flasche pro Tag trinkt, sind das im Jahr 2,66 Billionen Flaschen, von denen ein beträchtlicher Teil im Meer landet", rechnet der Kanadier vor.

Wissenschaftler des Meeresforschungs-Clusters Future Ocean schätzen das Volumen des jährlich in die Ozeane gespülten Plastikmülls auf 5 bis 13 Millionen Tonnen. Nach einer Studie des Weltwirtschaftsforums und der Ellen MacArthur Foundation, einem Think-Tank zur Kreislaufwirtschaft, entspricht das Gewicht des Plastikmülls in den Ozeanen schon heute einem Drittel des gesamten Fischbestandes.

Mit den Einnahmen aus seinem Plastikburg-Hotel will Bezeu ein Trainingscenter aufbauen. Dort soll Menschen aus Entwicklungsländern gezeigt werden, wie sie sich nach seinem Verfahren in wenigen Wochen aus Plastikflaschen günstig einfache Häuser bauen können. Für die Errichtung der Wände würden die Flaschenkäfige ebenfalls zusammengeschweißt und in ein Zementfundament eingepasst. Boden und Putz der eingeschossigen Bungalows könne aus Erde sein. Einen Vorteil der Häuser sieht Bezeu in den flexiblen Wänden, die bei Erdbeben nicht gleich einstürzten. Außerdem isoliere die Luft in den Flaschen gegen Kälte und Hitze gleichermaßen.

Dass sein Konzept funktioniert, hat der Kanadier auf Isla Colón bereits mit einem zweistöckigen Wohnhaus gezeigt. Die Fassade ist wie die Innenwände mit einem zweieinhalb Zentimeter dicken Putz überzogen, der die Flaschen verdeckt. Spürbar ist der Klimatisierungseffekt: Während draußen meist mehr als 30 Grad herrschen, sind es drinnen angenehme 20 Grad Celsius. (bsc)