Die Kosten des Ausstiegs

Die neue US-Regierung will vom Pariser Klimaabkommen nicht mehr viel wissen und denkt darüber nach, es offiziell aufzukündigen. Laut Beobachtern hätte das sogar für das Land selbst fast ausschließlich Nachteile.

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Von
  • James Temple
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Laut Medienberichten steht die Regierung Trump kurz davor, sich vom Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen. Damit gefährdet sie eine fragile Vereinbarung und die Rolle der USA als führende Nation in einer Zeit, in der die Gefahren durch globale Erwärmung zunehmen.

Eine Entscheidung über das bedeutende Abkommen aus dem Jahr 2015, das 144 Ländern weltweit ratifiziert haben, wurde zunächst schon für diese Woche erwartet. Am Dienstag erklärte das Weiße Haus allerdings, sich bis nach dem G7-Gipfel Ende Mai Zeit lassen zu wollen.

Denn noch wird intern darüber gestritten, wie man sich der Selbstverpflichtung entziehen kann, die Treibhausgas-Emissionen bis 2025 um 28 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Ein Teil des Trump-Lagers argumentiert, die USA sollen die Vereinbarung einfach modifizieren oder ihre nicht verbindlichen Zusagen ignorieren. Eine andere Gruppe wird angeführt von dem Chefstrategen Steve Bannon und dem neuen EPA-Chef Scott Pruitt: Laut New York Times und anderen Medien drängt sie auf einen kompletten Rückzug von dem Abkommen.

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Die zweite Option "hätte fast keine Vorteile für die USA und reichlich Nachteile", sagt David Victor, Co-Direktor des Laboratory on International Law and Regulation an der University of California in San Diego. "Irgendwann werden wir die Außen- und Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung im Rückblick als Reihe von selbst zugefügten Wunden betrachten."

Tatsächlich haben große Umweltverbände, institutionelle Anleger, und Hunderte von großen Unternehmen auch aus der Ölindustrie die Regierung sämtlich aufgefordert, bei dem Abkommen zu bleiben.

Das einzige erkennbare Argument für einen Ausstieg ist ein politisches: Er wäre ein Leckerbissen für den nationalistisch denkenden Teil der Trump-Anhänger, die jegliche internationalen Vereinbarungen ablehnen.

Doch die negativen Folgen eines Ausstiegs statt einer einfachen Verfehlung der freiwilligen Emissionsziele wären umfangreich und kostspielig. Eine derartige Entscheidung würde "unnötigen Schaden" für das Verhältnis der USA zu wichtigen Verbündeten und Handelspartnern wie der Europäischen Union, Indien und China bedeuten, warnt Victor. Zudem würde dadurch wahrscheinlicher, dass auch andere Länder aussteigen oder ihre Zusagen nicht einhalten. Dies würde ein Abkommen weiter schwächen, das ohnehin nicht ausreichen dürfte, um den gefährlichen Klimawandel zu verhindern.

Laut Robert Stavins, Ökonom an der Kennedy Schoopl of Government der Harvard University, würde ein Ausstieg die Position von politischen Gegnern des Abkommens in großen Schwellenländern wie Indien und Brasilien stärken. Außerdem würde China Gelegenheit bekommen, seinen Status als führendes Schwellenland bei Klimapolitik und sauberer Energie zu zementieren – und das sind die Themen, die im kommenden Jahrhundert internationale Politik, Wirtschaft und Innovation prägen dürften. "China scheint sich darüber zu freuen, die globale Führungsrolle allein zu übernehmen statt zusammen mit den USA", sagt Stavins.

Ein Ausstieg aus dem Abkommen würde zugleich bedeuten, dass die USA ihre Zusage nicht einhalten, weitere zwei Milliarden Dollar in den Green Climate Fund einzuzahlen, der armen Ländern dabei helfen soll, Technologien für saubere Energie einzusetzen und sich an den Klimawandel anzupassen. Konkret hat Trump dazu bereits gesagt, die USA hätten mehr als einen fairen Anteil an dem Fonds zugesagt.

Wenn das Geld nicht fließt, könnte sich die Verbreitung von erneuerbarer Energie in anderen Ländern verlangsamen, vor allem, wenn auch andere Länder nach dem US-Beispiel einen Rückzieher machen. Bislang liegt die Gesamtfinanzierung deutlich unter dem offiziellen Ziel von 100 Milliarden Dollar aus privaten und staatlichen Quellen bis 2020. Arme Ländern würden "wütend darüber sein und ernsthaft in Frage stellen, ob es Sinn hat, sich an diesem Prozess zu beteiligen", sagt Victor.

Nach Ansicht von Beobachtern würde ein Ausstieg aus dem Pariser Abkommen keine besonders großen Auswirkungen auf Entwicklung und Einsatz von Technologie in den USA haben – aber nur deshalb, weil dafür schon andere energiepolitische Entscheidungen der Regierung sorgen. So hat sie angekündigt, den Clean Power Plan des früheren Präsidenten Obama zurückzunehmen, Vorgaben zur Treibstoffeffizienz von Autos zu streichen und die Finanzierung für Energieforschung einzustellen.

(sma)