Build 2017: Hands-on mit dem Surface Laptop und Windows 10 S

Auf der Build-Konferenz zeigt Microsoft erste Surface Laptops mit dem abgespeckten Windows 10 S. Wir haben ausprobiert, wie sich die vermeintlichen Macbook-Killer schlagen.

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Build 2017: Hands-on mit dem Surface Laptop und Windows 10 S

(Bild: Heise)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hartmut Gieselmann
Inhaltsverzeichnis

Mit dem Surface Laptop bringt Microsoft Mitte Juni einen Konkurrenten für das MacBook Pro auf den Markt. Das schlanke Äußere kann durchaus mit einem 13-Zoll-Gerät von Apple mithalten. Auch die Preise sind vergleichbar. Für ein Modell mit Core i5, 8 GByte RAM und eine 256-GByte-SSD zahlt man in Deutschland 1450 Euro (genaue Spezifikationen und verfügbare Varianten finden Sie hier). Vorinstalliert ist jedoch nur Windows 10 S, eine abgespeckte Variante, die lediglich Apps aus dem Windows Store startet. Wer andere Programme benötigt, muss für ein Update auf Windows 10 Pro weitere 50 Euro berappen.

Auf der Build-Konferenz in Seattle konnten wir ein Vorführgerät rund eine halbe Stunde lang ausprobieren und erste Eindrücke sammeln. Das Gehäuse wirkt sehr edel und schlank. Mit einem Gewicht von 1,25 kg ist es nicht schwerer als vergleichbare Apple-Modelle. Auffällig ist die Alcantara-Beschichtung auf der Innenseite rund um die Tastatur. Diese verhindert, dass Hände aufgrund von Schweiß am Metallgehäuse kleben. Es fühlt sich angenehm an und ist sauber verarbeitet. Aber man fragt sich, ob das Alcantara-Material nach einiger Zeit speckig aussehen wird.

Surface Laptop mit Windows 10 S (9 Bilder)

Wer schon die Anschlussanzahl der aktuellen MacBooks zu knapp findet, wird mit dem Surface Laptop kaum zufriedener. Lediglich USB 3, Display Port und Kopfhörer-Buchse sind an Bord.
(Bild: heise heise)

Mit Anschlüssen hat Microsoft gespart. Rechts ist lediglich der Strom-Anschluss, links findet man nur eine USB-3-Buchse sowie Kopfhörer und Mini-Display-Port – USB-C fehlt. Die Laufzeit gibt Microsoft mit 14,5 Stunden bei Videowiedergabe an, womit sie sogar deutlich länger wäre als bei aktuellen MacBooks. Unabhängige Messungen der Laufzeiten stehen freilich noch aus.

Die Tasten des Keyboards haben einen größeren Hub als die der neuen Macbooks und sind ähnlich denen des MacBook Air. Das Tippgefühl ist angenehm. Das Touchpad reagiert gut auf Eingaben, wenn es auch nicht so großzügig dimensioniert ist wie auf den jüngsten MacBooks. Der Clou ist jedoch das hochauflösende Touch-Display des Surface Laptop. Es lässt sich sowohl mit Fingern als auch mit dem Surface Stift bedienen. Letzterer kommt zwar nicht ganz an die Präzision eines Apple-Pencils für das iPad Pro heran, ermöglicht aber dennoch hinreichend präzises Zeichnen. Als Zubehör kann man auch das Suface Dial mit dem Laptop verbinden. Das eröffnet nicht nur Grafikern und Designern einen komfortablen Workflow, sondern auch anderen Apps. Apple hat eine Touchscreen-Bedienung bis auf die kleine Touch-Bar bislang verweigert.

Von Haus aus werden die Surface-Laptops nur mit Windows 10 S ausgeliefert. Die Beschränkung auf den Windows Store begründet Microsoft damit, dass sie so Malware-Infektionen verhindern. Zudem würden die Apps im Store eine einheitliche Bedienung und Performance gewährleisten.

Zum Teil muss man Microsofts Argumenten zustimmen. In der Tat wirkt Windows 10 S einheitlicher, da lediglich Apps aus dem Windows Store laufen. Jedoch ist das Angebot im Store noch immer schwach. Vollmundige Ankündigungen, dass es bald auch iTunes und Spotify im Store geben soll, kann man auch als Beleg für eine noch immer mickerige Auswahl werten. Beispielsweise fehlen alternativen Browser. Wer nach Chrome oder Firefox sucht, wird freundlich darauf hingewiesen, dass er auch Edge nutzen könne.

Software außerhalb des Stores lässt sich zwar herunterladen, aber nicht starten. Beim Versuch, etwa den Spiele-Dienst Steam zu installieren, poppt nur ein Fenster auf, das darauf hinweist, diese Software könne nicht gestartet werden und außerdem seien die Apps im Windows Store viel performanter und sicherer. Will man die Programme trotzdem starten, führt ein Link zur Lösung: Dazu muss der Anwender auf Windows 10 Pro updaten, was ihn rund 50 Euro kostet.

Um die Performance zu testen, installierten wir kurzerhand eine Demo-Version von Forza 6. Nach dem etwa 20 GByte großen Download erschien jedoch die Warnung, dass die Hardware-Leistung eigentlich nicht ausreicht. Offenbar ist die interne Grafikeinheit für Forza 6 unterdimensioniert (Intel 620). Dennoch ließ sich das Spiel starten, die Rennen wurden jedoch alle paar Sekunden von kurzen Rucklern unterbrochen.

Flüssiger läuft Minecraft, das Microsoft mit Windows 10 S mitliefert. Allerdings handelt es sich nicht um eine Vollversion; die Spiele-Sessions sind auf 90 Minuten begrenzt. Im integrierten Minecraft Store kann man inzwischen viele kostenpflichtige Zusatzpakete und Szenarien erwerben. Hier erweist sich Microsoft als äußerst geschäftstüchtig, um die 2-Milliarden-Investition zum Kauf von Minecraft wieder reinzuholen.

Als jahrelanger Mac-Nutzer, der Windows aus seinem privaten Umfeld verbannt hat, war der Autor erstaunt: Verarbeitung, Design, Gewicht, Laufzeit und Preis des Surface Laptop spielen auf Apple-Niveau. Beim Alcantara-Überzug scheint Vorsicht angebracht. Auch die sehr überschaubare Anzahl an Anschlüssen enttäuscht. Weit voraus gegenüber Apple ist Microsoft hinsichtlich der Bedienung per Touch-Screen, auch wenn Stift und Touchpad nicht ganz Apples Niveau auf iOS-Geräten erreichen.

Verbunden mit den Bestrebungen, Windows besser mit iOS zu vernetzen, könnte sich so mancher Mac-Nutzer den Umstieg auf Windows 10 überlegen. Diejenigen, die auf macOS bleiben, dürfen sich über die Konkurrenz freuen, denn die belebt ja bekanntlich das Geschäft.

Die Einschränkung auf Windows 10 S ist gravierend. Man kann annehmen, dass nur die Anwender bei der S-Version bleiben, die im Firmenumfeld oder bei Ausbildungsstätten eine gesicherte und abgekapselte Umgebung benötigen. Alle anderen dürften auf den Verkaufspreis des Surface Laptop wohl zähneknirschend 50 Euro für das Pro-Update aufschlagen.

Disclaimer: Microsoft hat die Reisekosten des Autors zur Build-Konferenz bezahlt.

(hag)