Weltsimulation in VR

Ein Start-up aus London plant, Virtuelle Realität für ein ultrarealistisches Weltmodell zu nutzen. Eine halbe Milliarde Dollar konnte die Firma dafür einwerben.

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Von
  • Jamie Condliffe
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Der Name ist Programm: Improbable, zu Deutsch: unwahrscheinlich, nennt sich eine junge Firma aus Großbritannien, die ein ganz besonderes Projekt plant: Eine möglichst realistische VR-Darstellung unseres Planeten.

Für die Idee konnte das Start-up einen Unternehmenswert von über einer Milliarde Dollar erzielen, zuletzt steckten das japanische Technikkonglomerat Softbank und andere Investoren satte 502 Millionen Dollar in die Firma. Das ist eine der höchsten Investitionen, die je an ein Jungunternehmen in Europa ging, wo das Risikokapital normalerweise weniger reichlich sprudelt wie im Silicon Valley.

Improbable wurde ursprünglich von zwei Computerwissenschaftlern gegründet, die ihr Studium an der University of Cambridge abgeschossen hatten. Ihr Plan war es, extrem detailreiche virtuelle Welten für Videospiele zu erstellen. Das Team erkannte jedoch schnell, dass die Technik auch verwendet werden kann, um die Welt, die um uns liegt, zu simulieren – sogar ganze Städte.

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In der Theorie ist es zwar einfach, ein Modell etwa einer Straße zu erstellen – mit ein paar Autos, Bussen und Fußgängern, um sich dann anzusehen, wie sie miteinander interagieren. Dies jedoch hochzuskalieren, um beispielsweise zu simulieren, wie die gesamte Bevölkerung Londons nach Hause gelangen würde, wenn mal der gesamte ÖPNV ausfällt, war bislang für die meisten Systeme zu komplex.

Doch genau das sind Problemstellungen, die Improbable künftig lösen will. Das Verfahren des Start-ups teilt die gigantische Simulation zunächst in kleinere Teile und verteilt sie dann über Tausende öffentlich zugängliche Server. So ließen sich im Versuch bereits ganze Städte modellieren. Angeblich ist so eines der komplexesten urbanen Modelle der Welt entstanden.

Improbable steht laut eigenen Angaben aber erst ganz am Anfang. Die Firma erwartet, noch viel größere Modelle zu erstellen. Herman Narula, Chef des Start-ups, machte kürzlich im Gespräch mit dem IT-Magazin Wired UK deutlich, dass Improbable im Grunde so etwas wie die Matrix aus dem gleichnamigen Film – also eine echte Weltsimulation, plant.

Ein bisschen übertrieben mag das schon klingen. Doch Improbable hat sich das Ziel gesetzt, so realistische Simulationen zu schaffen, dass Stadtväter, Sicherheitsbehörden, Militärs oder jeder andere Mensch auch besser mit enorm komplexen Systemen zurechtkommen kann, die aus Millionen kleiner Teile bestehen. Ihnen soll es möglich werden, wichtige Entscheidungen bis ins Detail durchzuspielen. Und bei Softbank scheint man an die Vision zu glauben. (bsc)