Post aus Japan: Die kugelrunde Displaydrohne

Warum müssen Displays flach sein und an einer Wand hängen, hat sich eine Firma aus Nippon gefragt. Die Antwort ist ein fliegender LED-Fußball.

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Von
  • Martin Kölling
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Der japanische Mobilnetzbetreiber NTT Docomo ist vorsichtig in seinen Verlautbarungen. Das Unternehmen "glaubt", ein weltweit einmaliges Produkt entwickelt zu haben, hieß es kürzlich in einer Presseerklärung. Eine erfrischende Zurückhaltung in Zeiten von Internethypes. Dabei ist das Produkt buchstäblich aufsehenerregend: Die Japaner haben einem kugelrunden LED-Display das Fliegen beigebracht.

Geschafft haben Docomos Ingenieure dies mit gleich mehreren Tricks. Erstens sorgt im Zentrum der Kugel eine Drohne mit mehreren Propellern für Auftrieb. Doch damit das klappt, ist das Display nicht massiv und geschlossen. Es besteht vielmehr aus einem luftigen Rahmen, der wie ein klassischer Fußball aus Fünf- und Sechsecken zusammengefügt wurde.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Zweitens stört auch das Display den Luftstrom nicht. Denn das Displays besteht nicht etwa aus flächig angeordneten LEDs. Stattdessen sind die Leuchtpunkte auf acht wie Längengrade angeordneten dünnen Bögen angebracht, die so schnell um die Achse der Kugel rotieren, dass das menschliche Auge ein geschlossenes Bild wahrnimmt. Allerdings ist die Auflösung nicht sehr groß.

Noch ist das 88 Zentimeter hohe und 3,4 Kilogramm schwere Drohnendisplay nur ein Prototyp. Aber Docomo will es ab 2018 vermarkten. Dafür hat sich das Unternehmen auch bereits Einsatzfelder ausgedacht: Sowohl in Hallen oder auch draußen kann es bei Konzerten oder anderen Events für Stimmung oder Lichtspiele sorgen.

Richtig interessant fände ich die Verknüpfung mehrerer Sphären für dreidimensionale Lufttänze. Kreativen Ideen sind da kaum Grenzen gesetzt. Doch wichtiger ist für mich die industriepolitische Botschaft. Japan schien zwar bei Drohen für einige Zeit neuen Himmelsstürmern aus den USA oder China hinterherzuhinken. Aber nun schickt sich das Land wieder an, die Lufthoheit im Drohnenraum zu übernehmen.

Kürzlich schrieb ich schon darüber, dass Japans Regierung durch gesetzliche Regulierung von Drohnenflügen die Unternehmenswelt geradezu von kreativer Selbstzensur befreit hat. Denn seit so etwas wie Rechtssicherheit herrscht, sprießen die Geschäftsideen – und offenbar auch die für Fluggeräte.

Auch Japans Industrie weiß, bei wem sie sich dafür zu bedanken hat. "Ich würde sagen, dass sie viel unterstützender als die US-Regierung wirkt," sagte jüngst der Innovationschef des japanischen Amazon-Rivalen Rakuten, Takashi Toraishi. Wenn er recht hat, könnten Drohnen ein neues Beispiel für Japans alte Fähigkeit werden, rasant die Vorsprünge von Pionieren aufzuholen und sich an die Spitze einer technischen Bewegung zu setzen.

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