"Netflix auf Reisen": EU-Parlament lockert Geoblocking bei Streaming-Abos

Die europäischen Abgeordneten haben einen Verordnungsentwurf zur "grenzüberschreitenden Portabilität" von Inhaltsdiensten verabschiedet, mit dem Geoblocking von 2018 an eingeschränkt werden soll.

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"Netflix auf Reisen": EU-Parlament lockert Geoblocking bei Streaming-Abos
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EU-Bürger sollen ihre Online-Abonnements für Filme, Sportereignisse, E-Books, Videospiele oder Musik von 2018 an auch auf Reisen in andere Mitgliedsstaaten nutzen können. Das EU-Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit einen Verordnungsentwurf zur "grenzüberschreitenden Portabilität" bezahlter Inhaltsdienste im Internet beschlossen, nachdem es sich im Februar mit dem Ministerrat und der EU-Kommission nach langem Streit auf einen Kompromiss geeinigt hatte. Ungerechtfertigtes Geoblocking soll damit der Vergangenheit angehören.

Anbieter wie Netflix, Apple mit iTunes, Maxdome, Sky Go oder Spotify müssen "angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen" ergreifen, um den hauptsächlichen Wohnort eines Nutzers und seine Rechte zu überprüfen. Dafür in Frage kommt vor allem eine elektronische Identifizierung, für die Zahlungsdetails, öffentlich verfügbare Steuerinformationen, Postanschriften sowie IP-Adressen herangezogen werden können. Die Anbieter müssen ihre Kunden darüber informieren, welche Verifikationsverfahren sie einsetzen, und "angemessenen" Datenschutz treffen.

Die Dauer der Erlaubnis zur Mitnahme von Online-Inhalten bleibt weitgehend unbestimmt, es ist von "zeitweilig" die Rede. Neben Urlaub sollen auch temporäre "Studien- und Geschäftsaufenthalte" in anderen EU-Ländern abgedeckt werden. Die Verordnung gilt nur für kostenpflichtige Dienste. Öffentlich-rechtliche Sender, die über Rundfunkgebühren finanziert werden, können aber künftig selbst entscheiden, ob sie ihre Programme unter vergleichbaren Bedingungen portabel machen.

Die EU-Abgeordneten Tiemo Wölken (SPD) und Angelika Niebler (CDU) sprachen von einem ersten wichtigen Schritt, um den europäischen digitalen Binnenmarktes zu verwirklichen. Die Parlamentarier hoffen, dass die Verordnung auch gegen "Online-Piraterie" wirkt, da der Zugang zu rechtmäßig erworbenen Inhalten gefördert werde. Die Digitalexpertin der Grünen, die Piratin Julia Reda, beklagte, dass "das grundsätzliche Problem des Geoblockings" nicht gelöst werde. Verbraucher könnten weiterhin nur Dienste nutzen, die in ihrem Land angeboten werden. Nach Angaben der Europäischen Rundfunkunion (EBU) hatten 2016 rund elf Prozent aller europäischen Haushalte einen Video-On-Demand-Dienst abonniert. Schätzungen zufolge wird sich dieser Prozentsatz bis 2020 verdoppeln. (anw)