Riesen-Teleskop blickt aus Chiles Wüste in den Weltraum

Das über eine Milliarde Euro teure und größte optische Teleskop soll auf einer Bergkuppe errichtet werden. Nun wird der Grundstein gelegt. Es soll neue Einblicke in Galaxien und Erkenntnisse über eventuelles Leben fern der Erde liefern.

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Neues Riesen-Teleskop in Chiles Wüste

Künstlerische Darstellung des E-ELT, die auf dem Konstruktionsentwurf des Teleskops basiert.

(Bild: ESO/L. Calçada/ACe Consortium)

Lesezeit: 4 Min.
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  • dpa
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In der chilenischen Atacamawüste wird das größte optische Teleskop der Welt gebaut. Mit einem Hauptspiegel von 39 Metern Durchmesser soll es als Riesenauge erdähnliche Planeten, Sterne und Galaxien beobachten. Das Extremely Large Telescope (ELT) soll auch neue Erkenntnisse über Dunkle Materie bringen. Der Armazones-Berg (3048 Meter hoch) befindet sich 130 Kilometer südlich von Antofagasta im Norden Chiles. Vor drei Jahren wurde die Spitze gesprengt, um eine Plattform für das Teleskop zu errichten. Am Freitag will Chiles Staatschefin Michelle Bachelet den Grundstein legen. Ab 2024 soll das Teleskop sein erstes Sternenlicht einfangen.

Das Projekt der Europäischen Südsternwarte (ESO) hat damit einen idealen Standort gefunden. Dank der Humboldt-Strömung ist die Region fast ständig wolkenfrei. Die Wolken bleiben entweder über dem Pazifischen Ozean oder auf der argentinischen Seite der Anden. In rund 90 Prozent der Nächte ist der Sternenhimmel in der äußerst sauberen und trockenen Wüstenatmosphäre zur Beobachtung frei. "Der Sprung von den gegenwärtigen Teleskopen zum ELT ist etwa so groß wie der Sprung von Galileos Auge zu seinem Teleskop", erklärt Tim de Zeeuw, Generaldirektor der ESO. Der Hauptspiegel des ELT wird fünf Mal größer sein als bei den heute stärksten Teleskopen. Zudem wird er 13 Mal mehr Licht einfangen können, was viel detailliertere Bilder ermöglicht.

Eines der Hauptziele des Projekts ist die Erkundung von Exoplaneten, auf denen es Leben geben könnte. Erst kürzlich machten Planeten-Entdeckungen beim roten Zwergstern Trappist-1 und bei Proxima Centauri Schlagzeilen. Astronomen liefern sich zurzeit ein Rennen, um den ersten bewohnbaren Exoplaneten zu finden. De Zeeuw ist der Ansicht, dass dieses Ziel im nächsten Jahrzehnt erreicht werden kann.

"Es ist schon kurios, dass dieses Teleskop in einer der unbelebtesten Ecken der Welt, der Atacama-Wüste, uns dabei helfen kann, Lebenszeichen woanders zu finden", sagt der ESO-Generaldirektor. Die ESO, die von 15 europäischen Staaten und Brasilien gegründet wurde und den Hauptsitz in Garching bei München hat, verfügt bereits über drei weitere Beobachtungsstandorte in der Atacama-Wüste. Unter anderem betreibt sie dort das Very Large Telescope (VLT), das bisher leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts.

Das ELT wird mit fünf riesigen Spiegeln ausgestattet sein. Der größte, mit 39 Metern Durchmesser, wird aus rund 800 hexagonalen Teilstücken mit je 1,4 Metern Durchmesser bestehen. Sie müssen perfekt zusammenpassen. Der niederländische Astronom De Zeeuw hat mit seinen Kollegen in jahrelanger Überzeugungsarbeit bei Politikern die 1,1 Milliarden Euro eingeworben, die zur Finanzierung notwendig sind. Das ELT-Projekt entstand Ende der 1990er-Jahre, als man sich in der europäischen Südsternwarte fragte, ob es möglich sei, ein 100-Meter Teleskop zu bauen. Das würde aber drei bis vier Milliarden Euro kosten. Nun begnügt man sich mit immerhin 39 Metern Durchmesser.

Das ELT ist aber nicht das einzige Teleskop, mit dem der Himmel besser erkundet werden soll. In den USA werden zwei Initiativen vorangetrieben, um öffentliche Gelder zum Bau eines Riesenteleskops zu sammeln. Für das 30-Meter-Teleskop des California Institute of Technology (Caltech) wurde Hawaii als Standort ausgewählt. Das zweite Projekt ist das Magellan-Riesenteleskop (GMT) der Carnegie Institution for Science, das mit seinem Spiegel von 24,5 Metern Durchmesser auch in Nordchile errichtet werden soll.

De Zeeuw glaubt, dass es für die Forschung durchaus nützlich sein kann, mehrere Riesen-Teleskope gleichzeitig zu haben. "Es handelt sich um eine freundliche Konkurrenz. Man arbeitet schneller und besser, wenn man mit jemandem konkurrieren muss. Das ist vorteilhaft für alle", betont er. Zwar wird es noch sieben Jahre bis zu den ersten Bildern des ELT dauern, aber nach Jahren des Bangens beginnt nun die entscheidende Etappe dieses Rekordprojekts.

(sea)