Wenn Drohnen Umwege fliegen

Die Vision eines Himmels voller unbemannter Fluggeräte wird allmählich zur Realität. Der Google-Konzern Alphabet entwickelt deshalb eine automatisierte Lösung, um Zusammenstöße im Luftraum zu verhindern.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jamie Condliffe
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Eine einzelne Drohne zu steuern, ist nicht besonders schwierig. Anders sieht es aber aus, wenn Tausende davon unterwegs sein sollen, ohne dass sie miteinander kollidieren. Das X Laboratory des Google-Konzerns Alphabet entwickelt deshalb eine automatisierte Lösung dafür.

Die Vision eines Himmels voller autonomer Flugzeuge ist nicht mehr so weit hergeholt, wie sie einst schien. In Großbritannien hat Amazon mit seinen Quadrocoptern bereits echte Bestellungen ausgeliefert, und ein Start-up namens Zipline hat gezeigt, dass es mit seinen Flügel-Drohnen Medikamente in abgelegene Gegenden bringen kann. Wenn man dann noch Flugzeuge für Bodenbeobachtung und Inspektionen von Infrastruktur hinzunimmt, ist durchaus vorstellbar, dass in nicht allzu langer Zeit massenhaft Drohnen unterwegs sein könnten.

Die große Frage dabei ist, wie sich verhindern lässt, dass es zu einem Chaos kommt. Denn viele der Drohnen werden in geringen Höhen über dem begrenzten Luftraum von Städten unterwegs sein, so dass die Gefahr für Kollisionen bei großen Stückzahlen rapide zunimmt. Tatsächlich wird das Fehlen einer Flugsicherung für Drohnen häufig als das größte Hindernis für die Einführung von Warenlieferungen per Luftfracht genannt.

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Hier kommt das Project Wing von Alphabet ins Spiel, angesiedelt bei X als dem Alphabet-Labor, das besonders ambitionierte Zukunftsthemen erforscht. Zusammen mit der Nasa und der US-Luftaufsicht FAA werden darin neue Systeme entwickelt, die Zusammenstöße von unbemannten Fluggeräten verhindern sollen. Über Nasa-Versuche mit ähnlichen Systemen wurde schon berichtet. Vergangene Woche haben die Alphabet-Forscher ihre neue Technologie in dem von der FAA genehmigten Drohnen-Testgebiet des Virginia Polytechnic Institute getestet.

Bei dem Experiment kamen insgesamt sechs Drohnen zum Einsatz. Drei davon gehörten zu Project Wing – wie bei echten Lieferungen holten sie Pakete ab und lieferten sie aus. Gleichzeitig flogen zwei Drohnen von Intel und eine von Virginia Tech simulierte Rettungsmissionen. Jedes der Fluggeräte wurden von seinem Eigentümer gesteuert, wobei sie unterwegs mit Hilfe der Software "unmanned aircraft systems Air Traffic Management" (kurz UTM) drahtlos Informationen über ihren Flugweg austauschten.

Das System erfasst kontinuierlich, in welche Richtung die Drohnen fliegen, erkennt, wo es zu Kollisionen kommen könnte, plant neue Routen und aktualisiert sie automatisch, ohne dass der jeweilige Pilot eingreifen muss (er wird aber über die Änderung informiert). Mit demselben System könnte die FAA dynamisch Flugverbotszonen vorgeben, um Drohnen beispielsweise um ein Gebiet mit einem Brand herumzuleiten.

Die gute Nachricht: Es kam zu keinem Zusammenstoß unter den sechs Testdrohnen. Die schlechte Nachricht: Es waren nur sechs Drohnen an dem Versuch beteiligt. In Zukunft will Project Wing nach eigenen Angaben "mehr simultane Flüge unterstützen und in komplexeren Umgebungen navigieren". Doch auch dann dürften derartige Systeme noch nicht sofort zur weiten Verbreitung von Lieferdrohnen führen: Die FAA geht davon aus, dass sie ihre Vorgaben zur Kollisionsvermeidung bei Drohnen nicht vor 2019 fertiggestellt haben wird.

(sma)