Japan: Scharfe Kritik an durchgepeitschtem Anti-Terror-Gesetz

Das japanische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Vorbereitung einer Reihe von Vergehen strafbar gemacht werden soll. Viele Kritiker befürchten nun einen Überwachungsstaat und weisen auf die seltsam anmutende Auswahl der Delikte hin.

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Japan: Scharfe Kritik an durchgepeitschtem Anti-Terror-Gesetz

(Bild: Nicolas Raymond, CC BY 2.0)

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Japans rechtskonservative Regierung hat trotz wütender Kritik ein umstrittenes Gesetz durch das Parlament getrieben, mit dem schon die Planung einer Reihe von Straftaten unter Strafe gestellt wird. Ministerpräsident Shinzo Abe hat das Gesetz mit den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und der Terrorgefahr verteidigt. Kritiker befürchten jedoch einen Überwachungsstaat und weisen darauf hin, dass es eine fundamentale Wende sei, Verbrechen unter Strafe zu stellen, die noch gar nicht begangen wurden. Außerdem gibt es Kritik an der Liste der Straftaten, deren Planung geahndet werden soll.

Wie die BBC erläutert, begründet Japans Regierung das Gesetz mit dem UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Palermo-Konvention). Anfangs sollte die Vorbereitung von 676 Verbrechen sanktioniert werden, zuletzt waren es noch 277. Dazu gehören unter anderem das Kopieren von Musik, Sitzblockaden gegen Wohnungsbau, die Nutzung gefälschter Briefmarken, die Teilnahme an Motorbootrennen ohne eine Lizenz, der Diebstahl von Produkten aus dem Wald, Verbrauchssteuervermeidung und Grabraub. Die Zeitung Japan Times listet einige der fragwürdigen Begründungen dafür auf, warum deren Planung dem Terrorismus oder der organisierten Kriminalität helfe: So könnte organisiertes Verbrechen mit den Einnahmen aus Musikkopien finanziert werden.

Trotz der breiten Kritik an dem Gesetz wurde das Gesetz nun durch das Parlament gepeitscht, während vor dem Parlament Tausende demonstrierten. Dabei wurde durch eine Sonderregelung sogar die nötige Entsendung in den Ausschuss umgangen, berichtet die Zeitung The Mainichi. Das Gesetz soll nun am 11. Juli in Kraft treten. Kritiker befürchten dann eine mögliche Unterdrückung der freien Meinungsäußerung und Eingriffen in die Privatsphäre sowie willkürlicher Verfolgung von Bürgergruppen und Gewerkschaften. Auch der UN-Sonderberichterstatter für Datenschutz, Joseph Cannataci, hatte vor großen Risiken für die grundlegenden Freiheitsrechte der Bürger gewarnt.

Für Abe dagegen ist das Gesetz ein weiterer Schritt in seinem lange gehegten Bestreben, Japans pazifistische Nachkriegsverfassung zu ändern. Zuvor hatte er bereits umstrittene Gesetze gegen Verrat von Staatsgeheimnissen sowie zur Ausweitung der Rolle des Militärs durchs Parlament gebracht. Abe will, dass die Existenz der Selbstverteidigungsstreitkräfte in der Verfassung anerkannt wird. Kritiker werfen ihm vor, Artikel 9, der Japan Krieg und Besitz von Streitkräften untersagt, auszuhöhlen. Trotz Protesten gegen eine Verfassungsänderung und Korruptionsvorwürfen erfreut er sich bislang dank einer stabilen Wirtschaft auch nach Jahren im Amt relativ hoher Zustimmungswerte von rund 50 Prozent. (mho)