Biotechnologie die Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts

Nach der Kartierung des menschlichen Genoms rücken Biomedizin, Biotechnologie und vor allem die Bioinformatik zunehmend ins Zentrum des Interesses.

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Von
  • Andrea Naica-Loebell

Nach der Kartierung des menschlichen Genoms rücken Biomedizin, Biotechnologie und vor allem die Bioinformatik zunehmend ins Zentrum des Interesses. Wichtigste Geschäftsfelder sind Medizin, Chemie und Landwirtschaft. Im Zentrum der künftigen Entwicklungen steht wohl die Bioinformatik, die interdisziplinäre Verschmelzung von Biotechnologie und Informatik, die einen entscheidenden Anteil an der Entzifferung des Human-Genoms geleistet hat. Bioinformatik umfasst unter anderem die Analyse biologischer Daten und die Organisation biologischer Information. Dafür kommen Datenbankanwendungen und Datenintegration, Analyseprogramme, Bildverarbeitung und Visualisierung, Modellierung und Simulation sowie neuronale Netze zum Einsatz.

Das südliche Kalifornien – San Diego, das Silicon Valley und die Gegend um Los Angeles – haben entscheidende Standortvorteile durch die Vielzahl der Universitäten, die wichtige Forschungsarbeit für die Biotechnologie leisten. Sie kooperieren zudem mit Firmen vor Ort, die teilweise kommerzielle Ableger der Institute sind. Wichtige Unis sind neben der Cal State auch die University of Southern California und die University of California Los Angeles. In San Diego arbeiten 8.357 Angestellte in der Biotechnologie, in der Bay Area bereits 23.515, Tendenz steigend.

Deutschland ist nach Ansicht der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) aber ebenfalls auf dem Sprung an die Weltspitze. Kürzlich legte die DIB die Jahresstatistik für 1999 vor, die Tendenzen erkennen lässt: Deutsche Biotech-Firmen (279, im Vorjahr 222) beschäftigten rund 8.124 Mitarbeiter (Vorjahr: 5650), zehn Firmen schafften den Sprung an die Börse (1998: zwei), insgesamt nahmen sie rund 500 Millionen Mark Risikokapital ein. Das ist ein Drittel des in Deutschland in diesem Jahr insgesamt angelegten Risikokapitals.

Speziell gefördert werden in diesem Jahr die deutschen Bioinformatik-Zentren in Bielefeld, München, Leipzig, Saarbrücken und Tübingen. In Bielefeld wurde am Centrum für Biotechnologie ein Institut für Genomforschung und ein Institut für Bioinformatik errichtet. In München gründeten die LMU und die TU, das Max-Planck-Institut für Biochemie sowie das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit ein Netzwerk der Bioinformatik. Die Leipziger Wissenschaftler konzentrieren sich auf zwei scharf umgrenzte, hochaktuelle Themen: "Genetische Evolution" sowie "Zelluläre Signaltransduktion und Selbstorganisation von Geweben". In Saarbrücken wird ein virtuelles Biolabor aufgebaut, mit dem die Zahl der Laborexperimente auf ein Minimum reduziert werden kann. Der in Tübingen bereits etablierte Studiengang Bioinformatik wird gerade weiter ausgebaut, indem ein Zentrum für Bioinformatik Tübingen (ZBIT) in einem neu erworbenen Gebäude eingerichtet wird.

Biotechnologie gilt auch in Deutschland als die Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts. Und auch hier gibt es Konzentrationen der Standorte rund um Forschungszentren wie im Rhein-Neckar-Gebiet, in Köln, Hamburg, Berlin und südlich von München. Die Verzahnung von Forschung und Wirtschaft hat im Bereich Biotechnologie große Bedeutung, da der Wissenstransfer entscheidend ist. Die Bundesrepublik hat gerade ein Programm zur staatlichen Förderung der Genforschung nationales Genom-Forschungsnetz ins Leben gerufen, an dem alle einschlägigen Einrichtungen beteiligt werden sollen. Besonders geförert wird die Bioinformatik:, da sie "als Querschnittstechnologie essentiell für alle Bereiche des nationalen Genomforschungsnetzes" gilt.

Mehr in Telepolis: Deutschland auf dem Sprung zur Weltspitze in der Biotechnologie? und Open Source und offene Tauschbörsen für das postgenomische Zeitalter?. (Andrea Naica-Loebell /) (fr)