Roboter im Atomkraftwerk: Radioaktivität ist nicht leicht zu erkennen

Die Roboter wurden auf das AKW Zwentendorf losgelassen und sollten dort mit Kobalt-60 gefüllte Zylinder ausfindig machen. Strahlungssensoren am Ellbogen stellten sich als fehleranfällig heraus, der Wettbewerb soll zukünftig noch schwieriger werden.

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Roboterwettbewerb im Atomkraftwerk: Radioaktivität ist nicht leicht zu erkennen

Die Arbeit der Roboter wird über Bildschirme vefolgt.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 6 Min.
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  • Hans-Arthur Marsiske
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Beim Roboterwettbewerb Enrich im österreichischen Zwentendorf haben die Teams nach einer ersten Einführung und Probedurchläufen ihre ersten regulären Wettbewerbsläufe in dem Atomkraftwerk absolviert, das auch als das "sicherste Atomkraftwerk der Welt" bezeichnet wird – denn Zwentendorf wurde nie in Betrieb genommen. Während des Wettbewerbs wurden nun sehr unterschiedliche Ansätze erprobt.

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Das Team IMM aus Warschau etwa beschränkte sich darauf, mit seinem Roboter eine detaillierte dreidimensionale Karte der Umgebung zu erstellen. Das gelang in Echtzeit mit nahezu fotografischer Auflösung. Lediglich die Farben wurden zunächst nicht realistisch wiedergegeben. Das liege am verwendeten Datenformat, erklärte Teamleiter Janusz Bedkowski. Dadurch erschiene zum Beispiel orange als blau. Es sei aber nicht weiter schwierig, die Daten zu konvertieren. Wichtiger ist ihm, das es die 3D-Karte erlaube, den Roboter mithilfe einer "virtuellen Kamera" aus einer externen Position zu zeigen. Das erleichtere dem Operator die Steuerung.

Michael Gustmann hatte im Interview bereits erläutert, wie in Fukushima dieses Prinzip mithilfe von zwei Robotern umgesetzt wurde. Das Team IMM will jetzt zeigen, dass es bei ausreichender Rechenleistung auch mit einem Roboter geht.

Roboterwettbewerb Enrich: Radioaktivität ist nicht leicht zu erkennen (10 Bilder)

Janusz Bedkowski zeigt die von seinem Roboter erstellte 3D-Karte. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Für die Zukunft strebt Bedkowski an, seinen Roboter autonom fahren zu lassen. Dann will er auch Strahlungsmessungen in die Kartenerstellung integrieren.

Genau das war der Schwerpunkt vom Schweizer Team Bebot, die dafür bei der Manipulation Abstriche machen mussten. Weil der Strahlungssensor am Ellbogen des Roboterarms befestigt ist, kann er den Greifvorgang nicht überwachen. Nachdem eine Strahlungsquelle detektiert wurde, muss der Arm gedreht und der verdächtige Gegenstand mit der über dem Greifer angebrachten Kamera erfasst werden. Auf diese Weise griff der Roboter nicht das tatsächlich strahlende Objekt, sondern ein zwanzig Zentimeter daneben liegendes, das ähnlich aussah.

Mit diesem Problem, harmlose von gefährlichen Gegenständen zu unterscheiden, hatten alle Teams zu kämpfen. Das liegt zum Teil auch an den verwendeten Gammadetektoren, die für eine Messung bis zu 40 Sekunden brauchen können. Auf diese Weise kann eine Strahlungsquelle unerkannt bleiben, wenn der Roboter zu schnell daran vorbei fährt. Das sei insbesondere für fliegende Roboter eine Herausforderung, sagt Gilles Blyweert von der Groupe Intra, dem französischen Gegenstück zur deutschen Kerntechnischen Hilfsdienstgesellschaft (KHG), der den Wettbewerb mit Interesse verfolgt.

Nicht nur bewegten sich Flugroboter zumeist schneller als Bodenfahrzeuge, sie hätten auch eine beschränkte Nutzlastkapazität. In Echtzeit arbeitende Gammadetektoren wiegen aber bis zu fünf Kilogramm. Außerdem liegt der Preis dafür bei 100.000 Euro – was nicht nur für die bei Enrich antretenden Teams unerschwinglich ist, sondern auch für die Groupe Intra.

In Ermangelung eines Hochleistungssensors sammelte auch das Team vom FKIE neben einer echten, mehrere falsche Strahlungsproben ein. Was sich sehr gut bewährte, war jedoch der Ansatz zur Steuerung des Roboterarms: Operator Bernd Brüggemann trug dafür eine Jacke, auf deren rechten Ärmel Sensoren angebracht sind, die die Bewegungen des Arms erfassen und auf den Roboterarm übertragen. Auf diese Weise könne auch ein untrainierter Operator den Arm innerhalb weniger Minuten bedienen, verspricht Brüggemann.