Europäisches Patentamt: Deutscher löst Dänen an Verwaltungsratsspitze ab

Christoph Ernst aus dem Bundesjustizministerium wird in unruhigen Zeiten neuer Vorsitzender des Verwaltungsrats für das Europäische Patentamt. Dessen Belegschaft streikt derweil erneut aus Protest gegen Behördenchef Battistelli.

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Europäisches Patentamt: Deutscher löst Dänen an Verwaltungsratsspitze

Das Europäische Patentamt (EPA) in München.

(Bild: dpa, Frank Leonhardt)

Lesezeit: 3 Min.

In Blogs gerüchtete es schon eine Weile, inzwischen gilt die Personalie als gesichert: Mit Christoph Ernst rückt ein Deutscher an die Spitze des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation (EPO). Die Entscheidung des Gremiums, das im Namen von 38 Mitgliedstaaten das Europäische Patentamt (EPA) kontrolliert, fiel im Rahmen seiner aktuellen Sitzung in Den Haag. Dies bestätigten heise online auch Mitarbeiter der Münchner Behörde.

Ernst löst den Dänen Jesper Kongstad, der als Unterstützer des heftig umstrittenen Effizienzkurses des EPA-Präsidenten Benoît Battistelli bekannt war. Der Verwaltungsrat nahm sich den eigenwilligen, als "Sonnenkönig" titulierten Franzosen daher kaum einmal zur Brust, obwohl schon Ende 2015 die Auseinandersetzung mit einem Teil der Belegschaft eskalierte. Damals ließ Battistelli die Spitze der Internationalen Gewerkschaft der Institution (SUEPO) suspendieren. Auch ein Richter der EPA-Beschwerdekammer musste gehen und wird nach einem aktuellen Beschluss des Verwaltungsrats nicht mehr eingesetzt.

Der künftige Vorsitzende des Verwaltungsrats ist in seiner Haupttätigkeit Leiter der Unterabteilung für Handels- und Wirtschaftsrecht des Bundesjustizministeriums und damit dort für Patentfragen zuständig. Er trat immer wieder für das geplante EU-Einheitspatent ein, das auch nach der politischen Einigung umkämpft ist. Die Ratifizierung der dazugehörigen Abkommen durch die Bundesregierung liegt derzeit auf Eis, nachdem das Bundesverfassungsgericht in einem bislang wenig transparenten Fall die Notbremse gezogen hat.

Als ausgesprochener Freund Battistellis gilt Ernst nicht, aber auch nicht als sein größter Kritiker. Laute Worte gegen den EPA-Präsidenten waren bislang weder von ihm noch von der Bundesregierung insgesamt zu vernehmen, obwohl der Haussegen in der Münchner Patentbehörde seit Jahren mehr als schief hängt. In seiner neuen Funktion wird der 63-Jährige nicht darum herum kommen, das zerrüttete Verhältnis zwischen der SUEPO und der EPA-Spitze zu kitten zu versuchen. Zudem muss sich der Jurist mit auf die Suche nach einem Nachfolger für Battistelli machen, der vertragsgerecht Ende Juni 2018 abgelöst werden soll.

Patentprüfer und andere Mitarbeiter der Behörde wollten derweil parallel zum Treffen des Verwaltungsrats erneut an allen vier Standorten in den Ausstand treten, nachdem der zentrale Belegschaftsausschuss für diesen Freitag und kommenden Montag zu einem Streik aufgerufen hatte. Mit den Protestaktionen wollen die Angestellten und Beamten mehr Respekt für sich und ihre Grundrechte sowie vor der Rechtsstaatlichkeit einfordern. Sie beklagen in einem offenen Brief an den Präsidenten, dass die Reformen und neue Praktiken "katastrophale Folgen" hätten für die Gesundheit der Mitarbeiter sowie die Servicequalität und den Ruf der Behörde. Moniert wird auch, dass Battistelli nach wie vor zu keinem ernsthaften sozialen Dialog bereit sei und selbst den Streikbeschluss massiv behindert habe. (anw)