Quanten-Computing für Entwickler: 30 Qubits ab 100.000 Euro

IT-Dienstleister Atos hat einen Quanten-Simulator entwickelt. Der soll Software- und Algorithmen-Entwicklern eine Umgebung bieten, bevor echte Quanten-Computer verfügbar sind.

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Quanten-Computing für Entwickler: 30 Qubit ab 100.000 Euro

(Bild: Atos)

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Von
  • Uli Ries

Auf der Größe von zwei Kühlschränken bringen die Entwickler der Atos Quantum Learning Machine (QLM) das Äquivalent von mindestens 30 Qubits unter, eine Variante mit 45 Qubits stellt Atos schon jetzt in Aussicht. Laut Aussage des Atos-CEO Thierry Breton sei die Maschine das erste kommerziell verfügbare System, das eine solche Leistung simulieren kann. Die Preise der aufrüstbaren Rechner beginnen bei gut 100.000 Euro, für das derzeitige Spitzenmodell mit 40 Qubits verlangen die Franzosen 1,3 Millionen Euro.

Erstmals sei es Software- und Algorithmen-Entwicklern möglich, ihre Werke zu entwickeln, zu testen und zu verfeinern, bevor die zugrundeliegende Hardwareplattform zur Verfügung stünde, so Breton. Atos richtet sich in erster Linie an Universitäten, die ihre Studenten damit an das noch junge Programmieren von Quanten-Computern heranführen kann.

Post-Quanten-Algorithmus in einem Jahr

Letztendlich sollen die Bemühungen in Krypto-Algorithmen münden, die dem Angriff eines Quanten-Computers standhalten können. Heute gängige asymmetrische Verfahren wie Diffie Hellman oder RSA wären mit einem solchen Rechner schnell knackbar, da das hierfür notwendige Zerlegen der Primfaktoren mittels des Shor-Algorithmus quasi augenblicklich passiert. Nachdem es derzeit kaum echte Quanten-Computer und laut Atos nur leistungsschwache Emulatoren gibt, komme das Verfeinern der neuen Algorithmen nicht voran. Atos selbst will schon in gut einem Jahr einen Post-Quanten-Algorithmus präsentieren. Details zu dessen Funktionsweise oder dem Stand der Entwicklung gab das Unternehmen jedoch nicht preis.

Basis der QLM seien herkömmliche FPGAs (wie viele, wollte Atos nicht verraten) und je nach Ausführung zwischen 2 und 24 Terabyte Arbeitsspeicher. Die Emulation der Qubits läuft also im Hauptspeicher ab. Laut Atos läge die Rechenleistung bei gut 10 Petaflops, würde man den Rechner wie einen herkömmlichen High Performance Computer betreiben. Programmiert wird die Hardware der QLM über eine angepasste Assembler-Variante namens aQasm (Atos Quantum Assembly Language). Diesen Code erzeugt ein Generator entweder durch Verarbeiten von Python-Quellcode zur Laufzeit. Das Ergebnis der Quanten-Berechnung fließt dann an die Python-Anwendung zurück, die damit auf Basis der herkömmlichen CPU weiter arbeitet. Alternativ soll ein Parser vorhanden Code für Quantencomputer in aQasm umarbeiten.

Als Betriebssystem kommt bei der QLM eine angepasste Linux-Variante zum Einsatz. Laut Atos kann aQasm Quantengatter programmieren (analog zu Logikgattern für Boolsche Funktionen bei herkömmlichen Computern) und sie auch mit vorhanden Quantengattern mischen. Außerdem will Atos die Sprache als Standard pflegen und so später einmal den Übergang auf echte Quanten-Computer erleichtern, auf denen aQasm ebenfalls funktionieren soll.

Zum Knacken von RSA & Co. taugt der Emulator jedoch nicht: Zwar hat er die Leistungsstärke eines Quanten-Computers mit 40 Qubits. Aber nicht dessen Tempo, da alle Operationen ja auf herkömmlichen FPGAs ablaufen. Es besteht also keine Gefahr für die derzeit gängigen Krypto-Verfahren. (axk)