EU-Staaten wollen neue Regeln zur Vorratsdatenspeicherung

Der EU-Rat sucht nach einer frischen Lösung, um für die ganze Gemeinschaft wieder Vorgaben zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren aufzustellen. Eine Expertengruppe soll die verbliebenen Möglichkeiten ausloten.

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Vorratsdatenspeicherung

(Bild: dpa, Matthias Balk)

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Die EU-Staaten lassen beim Dauerstreitthema Vorratsdatenspeicherung nicht locker. "Wir brauchen eine europaweite Lösung", betonte der estnische Justizminister Urmas Reinsalu im Namen der neuen Ratspräsidentschaft am Freitag nach einem informellen Treffen der Innen- und Justizminister der Gemeinschaft in Tallinn. Viel Spielraum hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) für eine solche Initiative aber nicht gelassen. Er erklärte 2014 zunächst die EU-Richtlinie für nichtig und bekräftigte in einem zweiten Grundsatzurteil Ende 2016 noch einmal, dass eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung grundrechtswidrig.

Reinsalu unterstrich, dass der neue Anlauf im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung stehen müsse. Zu finden sei ein "kluger Weg" mit einem "multidimensionalen Ansatz". Der Konservative erläuterte, dass der Rat eine Expertengruppe eingesetzt habe, die "gangbare Optionen aufzeigen soll". Das Ergebnis werde der EU-Kommission hoffentlich helfen, einen neuen Gesetzesvorschlag zu machen.

EU-Justizkommissarin Věra Jourová begrüßte den Schritt der nationalen Regierungsvertreter, auf dem verminten Feld zunächst zusätzlichen Sachverstand einzuholen. Auch ihrer Ansicht nach ist dort ein "vernünftiger" Ansatz gefragt. Ihr sei es daher wichtig gewesen, die Meinungen der Abgesandten der Mitgliedsstaaten zu dem Thema zu hören. Zuvor war von der Brüsseler Regierungseinrichtung mehrfach die Ansage gekommen, dass sie selbst keinen weiteren Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung machen werde. Nun gab die Jourová die Parole aus, dass man "Ende des Jahres weiter diskutieren" wolle.

Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden drängen immer wieder auf eine einschlägige Initiative, da sie das anlasslose Protokollieren von Nutzerspuren als kaum ersetzbares Instrument im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus erachten. Bürgerrechtler und Datenschützer warnen dagegen vor unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte, da die Maßnahme ein permanentes Überwachungsgefühl erzeugen könnte.

Der hiesige Gesetzgeber hatte Ende 2015 nach langen Auseinandersetzungen die Vorratsdatenspeicherung in abgespeckter Form wieder eingeführt. Die Pflicht dazu sollte eigentlich Anfang Juli greifen. Die Bundesnetzagentur hat sie auf Druck eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen aber vor Kurzem faktisch ausgesetzt.

Österreichs Justizminister Wolfgang Brandstetter befürwortete die jüngsten Ratspläne laut der Nachrichtenagentur APA. Die Ermittlungsbehörden müssten "im Fall der Fälle auf Telekommunikationsdaten zugreifen können", forderte der Politiker der konservativen ÖVP. Selbstverständlich müssten dabei die "überaus restriktiven Kriterien des EuGH" berücksichtigt werden. Auch das von ihm propagierte "Quick-Freeze-Modell" sei weiter Gegenstand von EU-Beratungen. Damit müssten die Provider die begehrten Verbindungs- und Standortinformationen erst auf Zuruf von Strafverfolgern bei konkreten Verdachtsfällen speichern. ()