Volksbegehren: Bis zu 2500 Kameras an gefährlichen Orten in Berlin

Immer wieder werden Verbrecher mit Hilfe von Videoaufnahmen gefasst. Straftaten würden so aber nicht verhindert, argumentieren die Gegner von mehr Kameras. Das sieht eine Initiative klar anders – und will die Bevölkerung darüber abstimmen lassen.

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Überwachung, Kamera
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  • dpa
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Zur Eindämmung der Kriminalität will ein Berliner Bündnis 50 besonders betroffene Orte, Fahrrad-Abstellplätze und Großveranstaltungen mit 2000 bis 2500 Videokameras überwachen lassen. Die Bevölkerung soll in einem Volksbegehren über den Plan entscheiden. Der frühere Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und der ehemalige Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) stellten den Gesetzentwurf dazu am Dienstag vor. Das Sammeln der Unterschriften soll im August beginnen.

Demnach kostet das zunächst auf fünf Jahre angelegte Projekt maximal 50 Millionen Euro. Die Bilder der Videokameras sollen auch mit Hilfe moderner Computer-Analyseprogramme ausgewertet werden, sagte Heilmann. So könnten Computer Alarm schlagen, wenn anhand bestimmter Bewegungsmerkmale Verbrechen erkannt würden. Alarmierte Polizisten könnten dann sofort eingreifen. An einem Ort wie dem Kottbusser Tor wäre die Installation von 15 bis 20 Kameras denkbar.

Statt wie bisher zwei Tage sollen die Aufnahmen einen Monat lang gespeichert werden dürfen. Außerdem ist die Gründung eines Forschungsinstituts für Verbrechensvorbeugung vorgesehen und die Initiatoren wollen den Nutzen der Videoüberwachung gründlich wissenschaftlich untersuchen lassen. Das würde ihren Angaben zufolge fünf Millionen Euro pro Jahr kosten.

Im August will die Initiative anfangen, die für die erste Stufe nötigen 20.000 Unterschriften zu sammeln. In einem zweiten Schritt wären dann 170.000 Unterschriften nötig. Eine Volksabstimmung als dritte Stufe könnte es 2019 geben.

Der Senat aus SPD, Linken und Grünen will nur an einigen Kriminalitätsschwerpunkten Kameras bei bestimmten Anlässen und zeitlich begrenzt aufstellen. Eine weitergehende Überwachung lehnt er ab. Heilmann betonte nun: "Wir wollen gerade keine flächendeckende Überwachung, sondern nur gezielt an gefährlichen Orten mit viel Kriminalität."

Dem Gesetzentwurf zufolge könnte die Polizei Bild- und Tonaufnahmen machen an "gefährlichen Orten, soweit tatsächlichen Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden". Ihn reichte die Initiative schon in der vergangenen Woche beim Senat ein.

Buschkowsky bemerkte: "Ich bin völlig fassungslos, dass sich der Senat weigert, die technischen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Verbrechen zu nutzen." Heilmann und er hätten auch mit Innensenator Andreas Geisel (SPD) gesprochen, aber ohne Ergebnis. "Das war wirklich furchtbar." Der Senat ignoriere das Problem.

Kritik von Grünen und Linken wies Buschkowsky zurück: "Ich lasse mich lieber filmen als zusammenkloppen." Teile seiner SPD seien ja auch für die Kameras, könnten sich aber nicht gegen die Koalitionspartner Linke und Grüne durchsetzen. "Man muss schon wissen, ob man sich zum Steigbügelhalter der Kriminalität macht."

Die Grünen kritisierten: "Das Beispiel London zeigt: Videoüberwachung ist kein Allheilmittel, sondern ein Rohrkrepierer. Sie bringt weder höhere Aufklärungsquoten noch einen Rückgang der Kriminalität." Videoüberwachung sei nur gezielt und an ausgewählten Orten sinnvoll. Der Senat werde stattdessen mehr Polizisten einstellen, teilte der Berliner Grünen-Vorsitzende Werner Graf mit.

Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe monierte: "Jeder Cent, der für das Filmen von Straftaten ausgegeben wird, fehlt für Personal und Material bei der Polizei, die tatsächlich Straftaten verhindern und in Echtzeit helfen kann. Wir brauchen nicht ständig neue Ideen, sondern erst einmal die konsequente Umsetzung der vorhandenen Regeln." (kbe)