So wird ein Schuh draus

Schneller, fester, billiger – ein kalifornisches Start-up will den 3D-Druck von Kunststoffen endlich reif für die Massenproduktion machen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Katherine Bourzac

Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 20.7.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Ein schwarzer Metallarm senkt sich in ein Becken milchig-grauer Tinte. Langsam bewegt er sich wieder nach oben und zieht dabei ein glänzendes und tropfendes Plastikgitter aus dem Bad: das vergrößerte Modell einer porösen Knochenstruktur.

Wir befinden uns im Labor von Carbon im kalifornischen Redwood City. CEO und Mitgründer Joseph DeSimone freut sich immer noch, seinen Maschinen bei der Arbeit zuzusehen. Bei ihnen handelt es sich um eine neue Generation von 3D-Druckern, die das Verfahren endlich reif für den Massenmarkt machen soll. Das mit 222 Millionen Dollar von Investoren wie GE Ventures und Google Ventures finanzierte Unternehmen nennt seinen Prozess allerdings nicht mehr 3D-Druck, sondern „digitale Lichtsynthese“. Sein Slogan lautet: „Stop prototyping. Start producing“.

Wenn der Arm ein Objekt Millimeter für Millimeter aus dem milchigen Bad herauszieht, wirkt es so, als würde er eine bereits vorhandene Struktur zum Vorschein bringen. Tatsächlich aber entsteht sie erst währenddessen. Ein Digitalprojektor wirft kontinuierlich ultraviolettes Licht auf die Unterseite. Dabei verfestigt es die lichtempfindliche Tinte.

Mit diesem Verfahren will Carbon drei zentrale Probleme lösen, die bisher dafür gesorgt haben, dass 3D-Druck eine Nischentechnologie geblieben ist: geringes Bautempo, begrenzte Auswahl an Materialien, mangelnde Festigkeit der fertigen Produkte. Auch andere Unternehmen wie HP und Desktop Metal (siehe TR 7/2017, S. 10) arbeiten an der Überwindung dieser Hürden. Carbon bewegt sich also auf einem zunehmend umkämpften Gebiet. Eine immer länger werdende Liste zahlender Kunden deutet aber darauf hin, dass Carbon auf dem richtigen Weg ist.

Einer dieser Kunden ist Adidas. „Das Volumen und das Tempo, das wir mit der digitalen Lichtsynthese von Carbon erreichen können, sind beispiellos“, sagt Paul Gaudio, Kreativdirektor des Sportartikelherstellers. „Es ist fast Zauberei.“ Adidas hatte verschiedene 3D-Drucker ausprobiert, um individualisierte Schuhe für den Massenmarkt zu produzieren, doch keiner davon ließ sich im großen Maßstab nutzen. Mit Carbon-Druckern will das Unternehmen nun elastische Mittelsohlen mit Gitterstruktur herstellen. Die mechanischen Eigenschaften der Sohle werden durch die Geometrie des Gittermusters beeinflusst – und so genau auf den Träger abgestimmt. Die ersten 5000 Paare sind für diesen Winter geplant. Bis 2021 sollen es Millionen werden. Weitere Carbon-Kunden drucken Teile für Elektromotorräder, Server-Farmen oder Kühlsysteme aus, die mit anderen Verfahren schwierig oder gar nicht zu realisieren wären.

(grh)