Pro & Contra: Ein Betriebssystem für alle Geräte

iOS und macOS nähern sich mit jedem Update an. Wäre es da nicht konsequent von Apple, ein vereintes "AppleOS" anzubieten, das auf iOS-Geräten und Macs gleichermaßen läuft?

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Artikel aus Mac & i Heft 4/2017, Seite 7

Von einem einheitlichen System würden Anwender, Entwickler und Apple gleichermaßen profitieren, findet Wolfgang Reszel.

Im Herbst bekomme ich mit iOS 11 endlich die lang ersehnte Dateien-App, um alle meine Dokumente an einem zentralen Ort verwalten zu können – wie im Finder am Mac. Nicht ganz: Denn leider dreht Apple wieder mal eine Sonderlocke, die einige essenzielle Annehmlichkeiten vermissen lassen wird, zum Beispiel mehrere Ordnerfenster zum bequemen Verschieben von Dateien.

Mit einem einheitlichen Betriebssystem müsste Apple nicht ständig das Rad neu erfinden, wie auch bei Drag & Drop und dem flexiblen Dock in iOS 11. Sicher, eine Implementierung für Multitouch bedarf anderer Bedienkonzepte als die Mausbedienung. Doch die Entwickler müssen diese ja auch jetzt schon berücksichtigen, wenn sie für macOS und iOS programmieren. Apps ließen sich insgesamt mit weniger Aufwand für alle Geräteklassen entwickeln.

Bei einem "AppleOS" zeigten die iPhone- oder Mac-Oberfläche einer App dann lediglich verschiedene Ansichten. Im Idealfall gäbe es eine Universal-App für alles und es bräuchte nur noch einen einheitlichen App Store. Updates würden auf allen Geräten gleichzeitig Sicherheitslücken ausmerzen. Damit das System schlank bliebe, sollte es natürlich nur benötigte Komponenten wie Treiber oder Binaries installieren und fehlende bei Bedarf nachladen. macOS wie iOS tun dies in Ansätzen bereits jetzt schon.

Ich wünschte, mein Mac bekäme endlich skalierbare Systemschriften und mein iPad Pro optional flexible Fenster samt Mausbedienung – versteckt gibt es Letztere ja bereits in iOS. Mit mehreren Benutzer-Accounts könnte ich auf dem iPhone Berufliches und Privates strikt voneinander trennen und auf unserem iPad hätten meine Freundin und ich jeweils eigene Homescreens sowie individuell eingerichtete Apps.

Obendrein brächte ein wie iOS abgeschotteter Mac den meisten Anwendern mehr Sicherheit. Wer das nicht will, könnte den Schutz abschalten und wäre so sicher, wie bisher. (wre)

Holger Zelder sieht in einem zusammengeführten Betriebssystem keinen Mehrwert.

Die Verschmelzung beider Plattformen mag auf den ersten Blick logisch erscheinen, für sinnvoll halte ich sie nicht. Apple trennt beide Systeme aus gutem Grund: Sowohl iOS als auch macOS profitieren davon, nur eine überschaubare Anzahl an Geräten zu unterstützen. So können sie das Beste aus der jeweiligen Plattform herausholen.

Entwickler, die ausschließlich für iOS programmieren, müssten ihre Software auf mehr Geräten testen und dafür eine andere Bedienphilosophie erarbeiten — ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Was soll man am Mac mit einer Flut von Apps anfangen, die mangels Mobilfunk, Touchscreen oder Bewegungssensoren nur halbherzig oder gar nicht funktionieren? Kleinere Softwareschmieden hätten Schwierigkeiten, ihre iPhone-Apps für alle Macs zu optimieren. Dafür würde die Zielgruppe lediglich marginal wachsen; schließlich gibt es unter macOS deutlich weniger Nutzer als unter iOS.

Außerdem eignet sich nicht jedes Feature für die andere Plattform. So sehr ich den Zugriff auf die komplette Dateihierarchie am Mac schätze: unter iOS würde sie die aufgeräumte Oberfläche nur unnötig verkomplizieren, die sich optimal per Multitouch bedienen lässt. Mit einer Dateien-App bekomme ich bereits mehr, als ich mir gewünscht habe. Ein vollwertiger Finder mitsamt überbordender Menüleiste wäre am iPhone zu viel des Guten.

Eine Möglichkeit, den Systemschutz durch ein Hintertürchen auszuschalten, wäre tief im Kern verankert, würde aber die Sicherheit nur verwässern. Apple wird das nicht riskieren. In einem "AppleOS" könnte daher die Möglichkeit entfallen, Programme mit beliebiger Herkunft zu installieren: Das möchte ich mir nicht nehmen lassen!

Apple tut weiterhin gut daran, nur ausgewählte Funktionen auf das jeweilige andere System zu übertragen, wenn die Zeit dafür reif ist. (hze)

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