Materie in der Milchstraße ist offenbar zur Hälfte extragalaktisch

Dank umfangreicher Computersimulationen haben US-Astrophysiker errechnet, dass bis zu 50 Prozent der Materie in Galaxien wie unserer Milchstraße aus anderen Galaxien stammt. Der Austausch von Teilchen wäre also ein wichtiger Teil der Galaxienentstehung.

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Materie in der Milchstraße ist offenbar zur Hälfte extragalaktisch

Die Galaxien – hier unsere Nachbarin Andromeda – sind offenbar viel enger miteinander verbunden, als angenommen.

(Bild: Adam Evans, CC BY 2.0)

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Anders als bisher angenommen stammt offenbar die Hälfte der Materie in unserer Milchstraße aus anderen, weit entfernten Galaxien. Das haben Astrophysiker der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois durch Computersimulationen berechnet.

Dabei haben sie nach eigenen Angaben einen unerwarteten Prozess gefunden, der wesentlich zur Bildung von Galaxien beiträgt: Ihren Simulationen zufolge katapultieren Supernovae – also die Explosionen sterbender Sterne – große Mengen an Gas aus Galaxien, das von "intergalaktischen Winden" zu anderen Sternenhaufen transportiert wird. Diesen Prozess nun zu verstehen, sei grundlegend für ein besseres Verständnis der Entstehung von Galaxien.

Es sei wahrscheinlich, dass große Teile der Materie in unserer eigenen Galaxie – der Milchstraße – aus anderen Galaxien stammt und intergalaktische Entfernungen zurückgelegt hat, bis es hierher kam, erklärt Daniel Anglés-Alcázar, der die Studie geleitet hat. Das heiße auch, dass nicht nur das Sonnensystem, sondern auch wir Menschen zu nicht unbeträchtlichen Teilen aus Partikeln bestehen, die ursprünglich aus anderen Galaxien stammen.

Bisher ging man davon aus, dass sich die Materie nach dem Urknall lokal zusammenballte und jeweils vor Ort die Strukturen bildete, die wir heute beobachten. Selbst wenn die galaktischen Winde die Atome mit Geschwindigkeiten von Hunderten Kilometern pro Sekunden verbreiten, dauert der nun beschriebene Prozess wegen der großen Distanzen trotzdem Milliarden Jahre.

Die Studie beruht auf Berechnungen und realistischen 3D-Modellen von Galaxien, in denen diese von deren Entstehung kurz nach dem Urknall bis zur Gegenwart simuliert wurden. Die so ermittelten Daten wurden dann bezüglich der Materieflüsse analysiert, um herauszufinden, wie die Galaxien an Materie gewinnen.

Diese komplexen Bewegungen hätten gezeigt, dass Gas im Universum von kleineren zu größeren Galaxien wie unserer Milchstraße oder Andromeda fließt, wo daraus Sterne entstehen. Das zeige, wie sehr unsere Heimatgalaxie mit ihrer Umgebung verbunden ist. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht. Gemeinsam mit Astronomen wollen sie ihre Theorie nun durch Beobachtungen überprüfen.

Andromeda-Panorama (8 Bilder)

Das Panorama beginnt im Zentrum der Spiralgalaxie...
(Bild: NASA, ESA, J. Dalcanton, B.F. Williams, and L.C. Johnson (University of Washington), the PHAT team, and R. Gendler)

(mho)