Strom vom Dach zum Kühlschrank – erste Mieterstrom-Modelle

Viele stöhnen unter den hohen Strompreisen in Ostdeutschland. Warum also nicht Solarstrom auf Mietshausdächern erzeugen und direkt verbrauchen, um Kosten zu sparen? Nach grünem Licht vom Bundestag könnte das Modell jetzt mehr Nachahmer finden.

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Strom vom Dach zum Kühlschrank – erste Mieterstrom-Modelle
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christina Peters
  • dpa
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20 Grad, wenig Wolken: Das freut Dieter Heigener. Drei Geschosse über seiner Mietwohnung knallt die Sonne auf die Solaranlage auf dem Dach des adretten Neubaus. "Bei dem Wetter hier gibt's ja richtig Strom", sagt der 70-Jährige. Die Solarzellen könnten fast die Hälfte des Strombedarfs der rund zwei Dutzend Haushalte im Mieterstrom-Projekt der Wohnungsbaugenossenschaft Fortschritt im thüringischen Sondershausen abdecken – rechnerisch jedenfalls.

Das Modell könnte Nachahmer finden: Vor einigen Wochen beschloss der Bundestag ein Gesetz zur Förderung von Mieterstrom-Modellen. Am rentabelsten seien sie in den ostdeutschen Bundesländern – dort, wo die Netzentgelte am höchsten sind und damit der Anreiz am größten, sich abzukoppeln, sagen Fachleute. Bundesweit könnte laut einer Studie jede sechste Mietwohnung dafür geeignet sein.

"Wenn man das Wort Mieterstrom hört, glaubt ja jeder Laie, da oben ist eine Photovoltaik und dann geht eine direkte Leitung an deinen Kühlschrank", sagt Volker Kämmerer, Vorstand bei der Wohnungsbaugenossenschaft in Sondershausen. Tatsächlich nutzen die Mieter nur die Hälfte ihres Stroms vom Dach. Da am Vormittag kaum jemand zuhause ist, fließt der Großteil der Sonnenenergie weiter in das Netz der Stadtwerke. Abends laufen die Fernseher dafür nur mit zugekauftem Strom aus dem Netz. Es ist nur eine von einem Dutzend verschiedener Varianten, mit denen Mieter im eigenen Haus erzeugten Strom nutzen können.

Immerhin: Wenigstens zu 26 Prozent sind die beiden Häuser Selbstversorger. 63 Tonnen Treibhausgase haben die Bewohner in fast drei Jahren damit eingespart. Und sie zahlen für ihren Strom weniger als beim örtlichen Grundversorger. So könnten Mieter von der Energiewende und niedrigeren Strompreisen profitieren, sagt Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne).

Doch der Ausbau der Stromerzeugung auf den Dächern von Mietshäusern kommt nur langsam voran - selbst in Thüringen, das als eines der Pionier-Länder bereits im vergangenen Herbst ein eigenes Förderprogramm dafür aufgelegt hat. Rund 11.000 Häuser seien in Thüringen für Mieterstrom geeignet, doch nur eine niedrige zweistellige Zahl an Projekten gebe es bislang, schätzt das Ministerium. "Ich glaube auch nicht, dass es viel mehr sein werden in absehbarer Zukunft", sagt der Geschäftsführer der Thüringer Energie- und Greentech-Agentur (Thega), Dieter Sell.