Das Spiel, das Menschen zum Weinen bringt: Rez Infinite für PC im Test

Bislang gab es den Synästhesie-Shooter Rez Infinite nur für Konsolen, nun kann man ihn auch auf dem PC spielen – mit oder ohne Virtual-Reality-Headset. Eine Hommage.

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Das Spiel, das Menschen zum Weinen bringt: Rez Infinite für PC im Test

Alles so hübsch cyberspacig hier: Die neue "Area X" von Rez Infinite setzt auf Partikel-Effekte.

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Könnte man in Sourcecode schwimmen, dann würde sich das wahrscheinlich so anfühlen wie Rez Infinite in Virtual Reality zu spielen. Ich weiß natürlich auch nicht, wie sich In-Sourcecode-Schwimmen anfühlt; was ich aber weiß: Rez Infinite ist eines der emotionalsten und intensivsten VR-Erfahrungen überhaupt – und eine der am schwierigsten zu beschreibende.

Dass mich das Spiel so berührt, liegt womöglich auch an der grafischen Gestaltung: Es sieht nämlich genauso aus, wie man sich in den neunziger Jahren die schöne, neue Cyberspace-Welt vorgestellt hat: Bunt, polygonarm und mit Sourcecode-Schnipseln, die wie Schneeflocken durchs Bild schweben. Ich bin übrigens nicht der einzige, der emotional auf das Spiel reagiert: Sam Machkovech von Ars Technica musste weinen, als er erstmals die VR-Version von Rez anspielte, worauf Hauptentwickler Tetsuya Mizuguchi mit "Ich weine auch die ganze Zeit" reagierte.

Rez sieht so retro-neunziger aus, weil es in den Neunzigern konzipiert worden ist; das Original (noch ohne VR) kam 2001 für Playstation 2 und Dreamcast heraus. Schon damals begeisterte das ungewöhnliche Spiel die Kritiker – ein richtiger Kassenschlager war es aber nicht, weshalb auch außer Remaster-Fassungen nie ein echter Nachfolger erschien. Dafür wurde es 2012 in der Ausstellung "The Art of Video Games" im Washingtoner Smithsonian American Art Museum präsentiert, was ja auch eine Leistung ist.

Die Fans waren umso mehr begeistert, als Sony vergangenes Jahr eine VR-Version für Playstation VR veröffentlichte. Nun ist der Titel auch für PCs erhältlich. Man kann Rez Infinite mit HTC Vive und Oculus Rift spielen; oder auch ganz normal am Monitor. Erhältlich ist es auf Steam oder im Oculus Store (24,99€, bis 23. August 19,99€), die limitierte Collector's Edition für 35 US-Dollar kommt mit Soundtrack auf Kassette (!).

Die ersten fünf Level sehen simpler aus als die "Area X" – aber Spaß machen sie genauso viel.

Dank der erwähnten Polygon-Armut kann sich das Spiel am PC einiges an Optimierungen erlauben: Die Rendering-Auflösung darf man im Menü auf bis zu 250% der dargestellten Auflösung hochtreiben, außerdem gibts im Unterschied zur Playstation-Fassung ordentliches Anti-Aliasing (MSAA × 8) und bis zu 16fache anisotrope Texturfilterung. Ergebnis: So gut sah Rez noch nie aus.

Rez ist eher ein Gefühl als ein Spiel, weshalb in diesem Text auch noch nirgendwo stand, worum es eigentlich geht. Zumindest die ersten fünf Level von Rez gehen als Rail-Shooter durch: Wie auf Schienen gleitet man durch den Cyberspace und schießt auftauchende Bösewichte wie Firewalls und Viren ab. Je mehr Gegner in einem Rutsch erledigt werden und je besser das ganze zum Rhythmus der Musik passt, desto mehr Punkte gibt es. Die Schüsse erzeugen Töne und Melodien, was irgendwann zu einem Synästhesie-Gefühl führt (zumindest, wenn man sich drauf einlässt). Der Soundtrack wurde unter anderem von Elektronik-Helden wie Ken Ishii und Coldcut komponiert.

Während es die ersten fünf Level bereits in der 2001er-Ur-Version gab, kam der sechste Level namens Area X neu in Rez Infinite neu dazu. Area X sieht moderner aus als die Grund-Level, außerdem kann man sich hier frei bewegen – in der 2D-Version mit Maus- oder Gamepad, in VR mit Kopfbewegungen.

In den höheren Schwierigkeitsstufen ist Rez Infinite alles andere als trivial, in der niedrigsten Stufe kann man alle sechs Level in etwa zwei Stunden durchspielen. Aber ob man am Ende nun weint oder nicht: die Wahrscheinlichkeit, dass man von nun an regelmäßig in buntem Sourcecode schwimmen will, ist ziemlich hoch – vor allem in Virtual Reality. (jkj)