Schweine ohne Viren

Mit Hilfe der Gen-Editiertechnik CRISPR haben Forscher eine Viren-Familie in Schweinen unschädlich gemacht. Damit ist die Verwendung von Tier-Organen für Menschen einen Schritt näher gerückt.

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Von
  • Emily Mullin
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Allein in den USA warten mehr als 116.000 Menschen auf eine lebensrettende Organ-Transplantation. 2017 wurden laut dem Department of Health and Human Services erst 17.157 Transplantationen vorgenommen. Um die Diskrepanz zu überwinden, arbeiten Forscher an verschiedenen Ansätzen, wie etwa dem Einsatz von Organen aus Tieren. Wissenschaftler bei dem Start-up eGenesis haben erstmals mittels Gen-Editierung eine Familie von auf Menschen übertragbaren Viren in Schweinen eliminiert. Mit diesem Schritt könnten Schweine-Organe sicherer für die Verwendung bei Menschen werden.

Seit Jahrzehnten gelten so genannte Xenotransplantationen – also die Verpflanzung von Tier-Organen in Menschen – als eine der Möglichkeiten, um den Mangel zu beheben. Bislang aber sind fast alle derartigen Versuche gescheitert. Im Jahr 1984 etwa gab es den berühmten Fall von "Baby Fae", das eine Herz-Transplantation von einem Pavian erhielt und 20 Tage später starb.

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Seit dieser Zeit haben sich Forscher in diesem Bereich stärker Schweinen zugewandt, deren Organe ähnlich groß sind wie die von Menschen. Außerdem lassen sie sich leicht und in großen Zahlen züchten. Das Problem ist nur, dass sich Menschen biologisch von Schweinen noch stärker unterscheiden als von Pavianen. Schweine-Organe werden vom Körper rasch zurückgewiesen, was schwere Immunreaktionen bedeutet. Eine weitere Hürde waren die Viren, die auch als porcine endogene Retroviren (PERV) bezeichnet werden. Sie können in Schweine-DNA enthalten sein, bei Transplantationen weitergegeben werden und menschliche Zellen infizieren.

Jedoch scheint eGenesis, ein Spin-Off aus dem Labor des Harvard-Genetikers George Church, eine Möglichkeit gefunden zu haben, diese artenübergreifenden Viren loszuwerden. Das Team wollte die Gruppe von Viren deaktivieren, um zu sehen, ob sich die Schweine trotzdem normal entwickeln, erklärt Luhan Yang, Mitgründerin und Wissenschaftschefin bei dem Start-up.

Mit Hilfe der Gen-Editiermethode CRISPR konnten Yang und Kollegen alle 25 Varianten der für die Viren verantwortlichen Gene in Schweine-Embryos deaktivieren. Anschließend wurden die Embryos weiblichen Schweinen eingepflanzt, die dann Nachkommen ohne die Viren zur Welt brachten. Insgesamt 37 dieser Schweine hat eGenesis gezüchtet. Sie werden seit vier Monaten beobachtet und sind bislang gesund und virenfrei. Die Ergebnisse wurden vergangene Woche in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Mittels CRISPR mehrere Gene auf einmal herauszuschneiden, spart gegenüber herkömmlichen Methoden viel Zeit, erklärt Muhammad Mohiuddin, Professor und Leiter des Programms für Xenotransplantationen an der School of Medicine der University of Maryland, der an dem Projekt nicht beteiligt war. Allerdings könnten die fraglichen Viren zwar menschliches Gewebe infizieren, doch es gebe keine Belege dafür, dass sie tatsächlich Krankheiten bei Menschen auslösen.

"Es gibt neben den Viren weitere Faktoren, die eine Einschränkung der klinischen Anwendbarkeit von Xenotransplantationen bedeuten", sagt Mohiuddin zudem. Damit bezieht er sich auf Immunreaktionen des Körpers auf ein transplantiertes Tier-Organ.

Laut Yang nutzt eGenesis CRISPR auch, um Modifikationen an Genen vorzunehmen, die mit dem Immunsystem zu tun haben. Bis von den genetisch veränderten Schweinen produzierte Organe bei Menschen getestet werden können, würden aber noch einige Jahre vergehen.

(sma)