Adblocker: Mit Urheberrecht gegen Easylist

Ist ein Werbeblocker eine Umgehung von Kopierschutzmechanismen? Mit der Begründung konnte ein Adtech-Dienstleister eine seiner Domains von der Filterliste Easylist löschen lassen.

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Adblocker: Mit Urheberrecht gegen Easylist

(Bild: Alex Schröder, CC-BY-SA 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Eine neue Variante in dem langen Kampf um Adblocker: Mit Hilfe des US-amerikanischen Digital Millennium Copyright Act (DMCA) hat der Adtech-Dienstleister Leven Labs eine seiner Domains erfolgreich von der Blockliste Easylist löschen lassen. Die Liste ist zentraler Bestandteil fast aller derzeit verbreiteten Adblocker. Die Betreiber der Liste wollen nun ihre rechtlichen Möglichkeiten prüfen.

Die Bemühungen der Adtech-Firma sorgten zuerst für Verwirrung. So versuchte ein Nutzeraccount namens "dcmahelper" im Juli die Domain functionalclam.com mit Bezug zum DMCA zu entfernen. Anfang August schickte die Firma Leven Labs, die hinter dem Anti-Adblocker-System Admiral steckt, dann eine offizielle DMCA-Benachrichtigung an Github.

In der inzwischen veröffentlichten Benachrichtigung betont Leven Labs, dass es nicht notwendig sei, die komplette Easylist von Github zu sperren, sondern dass lediglich ein Eintrag entfernt werden müsse. Begründet wurde das mit einer Regelung im DMCA, wonach die Umgehung von Kopierschutzmechanismen untersagt ist.

Von Github über die Löschaufforderung informiert, strichen die Maintainer der Easylist wie gefordert die Domain von ihrer Filterliste. "Wir hatten keine andere Option, als den Filter zu entfernen, ohne das Easylist-Repository zu gefährden", schreibt ein Maintainer der Easylist. Wenn die Domain nur zur Warnung von Adblock-Nutzern gebraucht werde, habe sie ohnehin nicht auf die Easylist gehört, heißt es in der Stellungnahme. Allerdings bietet das Easylist-Team auch eine Blocklist für Adblock-Warnungen an – hier ist die strittige Domain aktuell nicht enthalten. "Die Anzahl der Filter, die in der jüngsten Zeit zur Easylist hinzugefügt werden konnten, wurde durch Probleme wie dieses erheblich beschränkt", heißt es in dem Statement der Easylist-Entwickler weiter. "Als Listen-Autoren müssen wir vorsichtig sein, welche Einträge wir zur Easylist hinzufügen."

Auf Anfrage von heise online zeigten sich die Betreiber noch unentschlossen über das weitere Vorgehen. Hätte sich die Löschaufforderung auf einen normalen Adserver bezogen, hätten die Betreiber eventuell Schritte gegen das Löschbegehren unternommen, erklärt der Maintainer "MonztA". Inzwischen hat auch die Bürgerrechtorganisation Electronic Frontier Foundation ihre Unterstützung angeboten.

Leven Lbs zeigt sich unterdessen mit dem Ergebnis zufrieden. Zu dem DMCA-Löschersuchen habe die Firma erst gegriffen, nachdem die Easylist-Autoren und Adblock Plus direkte Kontaktversuche ignoriert hätten, betont die Firma in einem Blogbeitrag.

Auch in Deutschland können Filter für Adblocker als Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen gesehen werden. So schaffte es der Axel Springer Verlag mit dieser Begründung bereits im Jahr 2015, dem Hersteller von Adblock Plus, der Kölner Firma Eyeo, die Verbreitung eines Filters zu untersagen, der die Adblocker-Sperre auf Bild.de aufgehoben hätte. In zahlreichen Verfahren gegen Eyeo versuchen die Kläger unter anderem mit dem Urheberrecht ein Vertriebsverbot für den populären Adblocker zu erreichen – bisher aber ohne Erfolg.

Unterdessen geht auch der technische Kampf um Adblocker immer weiter. So hatte es der Herausgeber des PlugIns Adblock für kurze Zeit geschafft, Werbung auf Facebook zu entfernen. Innerhalb eines Tages hatte der Social-Media-Konzern seine Website aber wieder so weit angepasst, die neuen Filter effektiv ins Leere laufen zu lassen. Auch Adblock Plus war vor einem Jahr mit seinem Facebook-Filter gescheitert. Grund: Der Social-Media-Konzern ist im Gegensatz zu anderen Plattformen nicht auf externe Adserver angewiesen und kann so Blocklisten einfach ausmanövrieren.

Andere Firmen setzen inzwischen auf immer aggressivere Anti-Blocking-Maßnahmen. Wie das britische Magazin "The Register" berichtet, versuchen die Adtech-Dienstleister das Leben für Blocklisten-Autoren immer schwerer zu machen. So können Scripte feststellen, wenn im Browser eine Developer-Konsole geöffnet wurde, um den Quelltext zu analyisieren – und so die zur Umgehung von Adblockern verwendeten Techniken verstecken. Zudem tarnen die Dienstleister Third-Party-Cookies und nutzen die WebRTC-API, um Anzeigen unentdeckt von Adblockern in den Browser zu schmuggeln. (anw)