OLG München: Adblocking ist legal

Gleich drei Medienhäuser mussten vor dem Oberlandesgericht München eine Schlappe hinnehmen: Die Kammer konnte nichts Gesetzwidriges beim Vertrieb eines Adblockers erkennen. Nächster Halt: Bundesgerichtshof.

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Adblock Plus

(Bild: dpa, Andrea Warnecke/Archiv)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Adblocker verstoßen nicht gegen geltendes Recht. Das hat das Oberlandesgericht München am Donnerstag in drei Verfahren entschieden, mit denen drei Medienunternehmen den Vertrieb des populären Werbeblockers AdBlock Plus stoppen wollten. Nun wird der Streit wohl den Bundesgerichtshof beschäftigen.

Die Kläger – die Süddeutsche Zeitung, der Werbevermarkter IP-Deutschland und die Sendergruppe ProSiebenSat1 – hatten einen ganzen Strauß an Vorwürfen gegen die Eyeo GmbH vorgebracht, die AdBlock Plus herstellt und vertreibt: Marktmissbrauch, Verstöße gegen Urheberrechte und Aushöhlung der Pressefreiheit.

Mit dem kostenlos vertriebenen Adblock Plus werde die Werbeindustrie genötigt, mit Eyeo teure Verträge zur Durchleitung ihrer Anzeigen abzuschließen, argumentierten Anwälte der Kläger. Der Vertrieb des Adblockers müsse eingestellt und die Erstellung der Blockliste Easylist untersagt werden, forderten die Kläger, die auch Schadensersatzansprüche wegen entgangener Werbegewinne geltend machen.

Doch die Medienhäuser sind in München mit allen Ansprüchen gescheitert. Die Kammer hatte bereits in der Verhandlung im März klargemacht, dass es der Argumentation der Kläger an Durchschlagskraft fehle. So bejahte der vorsitzende Richter zwar, dass Eyeo mit den Medienunternehmen in einem Wettbewerbesverhältnis stehe, was in vorangegangenen Verfahren noch in Frage gestellt worden war. Für einen Marktmissbrauch fehle jedoch die notwendige Marktmacht.

Auch beim vor kurzem neu geschaffenen Anspruch wegen einer aggressiven geschäftlichen Handlung, den das Kölner Oberlandesgericht in einem vorhergehenden Urteil bejaht hatte, sahen die Münchener Richter die gesetzlichen Voraussetzungen als nicht gegeben. So sei beispielsweise das Anbieten eines Adblockers keine Drohung mit einer "rechtlich unzulässigen Handlung", da es den Nutzern nicht verboten sei, Werbung auf ihren Rechnern zu blockieren.

"Indem die Klägerin den Nutzern den ungehinderten Zugang zu ihrem Internetauftritt bei Nutzung des Werbeblockers eröffnet lässt und lediglich die Bitte geäußert hat, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liegt aus der Sicht der Nutzer eine (schlichte) Einwilligung vor", teilte das Gericht mit. Auch ein technisches Gutachten, mit dem Adblock Plus die gezielte Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen der Kläger nachgewiesen werden sollte, überzeugte das Oberlandesgericht nicht.

“Das Urteil bestärkt wieder einmal die Nutzerrechte, für die wir uns mit unseren Produkten einsetzen", erklärt Eyeo-Chef Till Faida nach dem Urteil. "Wir hoffen, jetzt außerhalb des Gerichtssaals einen konstruktiven Dialog mit den Verlagen und Website-Betreibern beginnen zu können." Dafür stehen sie Zeichen aber schlecht: So versuchen Verlage und Werbeindustrie das Adblocker-Problem ohne Eyeo in den Griff zu bekommen.

Im langjährigen juristischen Tauziehen steht es nun vier zu eins: Das Oberlandesgericht Hamburg hatte im Sinne von Eyeo entschieden, das Oberlandesgericht Köln zumindest teilweise für den Verlagskonzern Axel Springer. Die letzte Entscheidung ist es aber nicht: So haben alle Seiten erklärt, notfalls bis zum Bundesgerichtshof zu ziehen. Eine Verhandlung wird für kommendes Jahr erwartet, ein Termin steht jedoch noch nicht fest. (vbr)