Skeptiker: Computer helfen nicht beim Lernen

Im US-Bundesstaat Maine erhält seit 15 Jahren jeder Oberschüler zum Unterricht einen persönlichen Laptop. Doch nun meinen Kritiker, die gesetzliche Intitiative habe bislang nicht zu besseren Schulabschlüssen geführt, nur zu mehr Copy-and-Paste-Mogeleien.

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Tablet-Schule in Hamburg

(Bild: dpa, David Fischer)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Hans-Peter Schüler

Seit dem Jahr 2002 sorgt die Maine Learning Technology Initiative (MLTI) dafür, dass jeder Oberschüler des US-Bundesstaats einen Laptop als persönliches Lernmittel erhält. Nun mehren sich in Maines öffentlich-rechtlichem Informationsdienst National Public Radio (npr) unterschiedliche Bestandsaufnahmen, was der Technikeinsatz in den Schulen bisher gebracht hat.

Politik-Lehrer James Welsch berichtet, die Rechner hätten seinen Unterricht in interaktive Diskussion verwandelt. Seine Schüler schrieben Blogposts, läsen ihre Arbeiten gegenseitig, teilten Videos und Artikel – alles online. Doch als dann einige Schüler ihre Aufsätze vorlegten, habe er bemerkt, der Schreibstil sei nicht so flüssig erschienen wie wenn die Texte mit Stift und Papier geschrieben worden wären. Außerdem habe er eine Zunahme von Copy-and-Paste-Passagen beobachtet: "Ob von einem Mitschüler oder einer Online-Quelle – was die Jungs machen, ist digitales Teilen". In einigen Kursen verlange er deshalb inzwischen, dass Aufsätze von Hand geschrieben werden. Kommentar eines Schülers zum Status quo: "Ich mag in keine Zeitung gucken. Ich weiß nicht einmal, wo ich die bekommen könnte!"

Der Musik-Unterricht der Lehrerin Tracy Williamson geht völlig lautlos über die Bühne, berichtet npr. Schüler komponieren individuelle Musik per Computerprogramm, zum Beispiel, indem eine Schülerin eine Diashow zu den Mitgliedern ihrer Fußballmannschaft mit recherchierten Jingles anreichert. "Im ersten Kurs haben wir Gitarre gelernt, aber nie im Leben kann ich mich erinnern, wie man verschiedene Dinge darauf spielt", erklärt diese im Radio, "Das hier ist so viel einfacher". Ihre Schuldirektoin räumt ein, die Laptops hätten die Kommunikation zwischen Schüler und Lehrer deutlich verbessert. Viele Lehrer seien aber schwer gefordert, ihre Schüler mit den neuen Gerätschaften tatsächlich zum Lernen zu bewegen.

Nach eineinhalb Jahrzehnten und jährlichen Investitionen von 12 Millionen US-Dollar, einem Prozent des gesamten Bildungs-Etats, warte man in Maine immer noch vergeblich auf Verbesserungen in den standardisierten Schulprüfungen, meint der Gouverneur Paul LePage. Er sieht das ganze Programm als einen massiven Schlag ins Wasser.

Amy Johnson, Forscherin zur Schulpolitik in Maine, differenziert: Mit standardisierten Prüfungen lasse sich der Effekt nicht gut messen. Wichtig sei zum Beispiel die Ausbildung der Lehrer zum Einsatz der neuen Technik, und die sei in den vergangenen Jahren teilweise vernachlässigt worden. Außerdem sieht Johnson neue Klassenunterschiede aufkommen. In größeren, mit mehr Mitteln ausgestatteten Schulen lernten die Schüler, ihre Laptops kreativ zu nutzen. in ärmeren oder eher ländlichen Schulen nutzten die Schüler dagegen bloß Word und PowerPoint.

Weniger kritisch äußert sich die Zeitung BDN. Laut ihrem Bericht haben sich Testergebnisse in Naturwissenschaften, Schreiben, Mathematik und englischer Literatur signifikant verbessert, und die Fortschritte seien nicht nur auf Prüfungsergebnisse beschränkt. Die Schüler schrieben mit ihren Laptops oft in einem breiteren Spektrum von Genres, erhielten mehr Feedback dazu und teilten ihre Arbeit auch öfter als zuvor mit Anderen. Außerdem lernten sie durch die Laptops selbstständiger und vermehrt Projekt-basiert. Das befähige sie besser dazu, Wissen zu gewinnen und anzuwenden. (hps)