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Rundfunklizenzen für Streamer: "Medien sind keine Schraubenfabrik"

Der Frage der Rundfunklizenzen sorgt für Beunruhigung bei YouTube- und Twitch-Streamern. Auch der Chef der Landesmedienanstalt NRW würde gerne die Vorschriften lockern, sieht aber seine Hände gebunden. Die Politik zeigt sich willig, ist aber langsam.

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Rundfunklizenzen für Streamer: "Medien sind keine Schraubenfabrik"

Medienwächter Schmid (2.v.l.) sieht Reformbedarf, muss sich aber an bestehende Gesetze halten.

(Bild: heise online/Kleinz)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Eigentlich benötigen Social-Media-Stars für Livestreams eine Rundfunklizenz, wie die Landesmedienanstalt NRW vor kurzem in ihrem Rechtsstreit mit dem Let's-Player Gronkh vorexerziert hat. Auf der Kölner Konferenz Spobis Gaming & Media 2017 im Rahmen der Gamescom zeigt sich der Chef der Medienanstalt, Tobias Schmid, kompromissbereit, mahnte aber dafür notwendige Gesetzesänderungen an.

Schmid hatte das bisher weitgehend ignorierte Thema auf die Agenda gesetzt, indem er ersten Betreibern von Social-Media-Kanälen Schreiben zustellen ließ, in denen die Landesmedienanstalt fehlende Lizenzen und Verstöße gegen Werberegularien anmahnt. Der Behördenchef wehrt sich gegen Kritik: Nur umsatzstarke Unternehmen müssten 10.000 Euro für eine Rundfunklizenz bezahlen – und das auch nur einmalig. Die Landesmedienanstalt sei an die Gesetzeslage gebunden und könne nicht einfach entscheiden, welche Regeln sie durchsetzen wolle.

Doch das derzeit vorgeschriebene Verfahren dauert zwei bis vier Monate. Schmid machte keine Hoffnung, dass sich das kurzfristig ändert, auch wenn er das Verfahren für veraltet hält – und obendrein unnötig, um den Zweck der Regulierung zu erreichen. Bei kleinen Anbietern sei im Prinzip ausreichend, wenn sie ihre Tätigkeit einfach anmelden könnten, ohne ein Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen. Liege eine Anschrift des Veranstalters vor, könnten die Medienwächter bei etwaigen Verstößen tätig werden.

Ganz überflüssig sei die für klassische TV-Sendern geschaffenen Regeln der Medienaufsicht aber auch bei YouTubern und Twitch-Streamern nicht, betonte Schmid: "Medien haben auf die Gesellschaft eine andere Wirkung als eine Schraubenfabrik". Auch habe das Bundesverfassungsgericht die besondere Wirksamkeit audiovisueller Medien bestätigt, die eine staatliche Aufsicht notwendig mache.

Unabhängig von der Lizenzierungspflichten müssten sich aber die Social-Media-Stars an die geltenden Regeln zu Werbung und zum Schutz der Menschenwürde halten. So hatte die Landesmedienanstalt einige Betreiber von Social-Media-Kanälen angeschrieben und auf die geltende Rechtslage aufmerksam gemacht. Mit Erfolg: Alle Angeschriebenen hätten die kritisierten Verstöße auch ohne Bußgeldandrohungen beseitigt, erklärte Schmid.

Der Behördenchef gab sich kompromissbereit: Stünde zum Beispiel eine Novelle des Rundfunkstaatsvertrags an, die die Lizenzpflicht neu regeln soll, könnte sich die Landesmedienanstalt ihre Aktivitäten schon danach ausrichten. Doch obwohl die neue Landesregierung Nordrhein-Westfalens (CDU/FDP) eine Neuregelung angedeutet hatte, liegt die wohl noch in ferner Zukunft.

Bund und Länder wollen zwar in einem bereits seit Jahren dauernden Prozess die Rundfunkregulierung und den Jugendschutz neu ordnen und entschlacken – doch ausgerechnet für die Lizenzpflicht gibt es noch keine konkreten Pläne. Um den Staatsvertrag zu reformieren, müssen sich zunächst alle Landesregierungen und Parlamente auf die Neufassung einigen.

Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, bestärkte Schmid auf der Konferenz in seinem Ruf nach Reformen: Es stünde der Politik gut an, das Thema aufzugreifen", sagte der Medienpolitiker. So arbeite die SPD gerade aktiv an einer Neuregelung und wolle sie über Landesregierungen einbringen, in denen sie den Ministerpräsidenten stelle. Wann eine solche Regel Gesetz werden könnte, ließ Dörmann jedoch offen.

Siehe dazu auch:

Überreguliert: Wie Heise einmal eine Rundfunklizenz beantragen musste

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