Zigaretten ohne Nikotin

Nicht die E-Zigaretten, sondern das Rauchen von Tabak nimmt die US-Gesundheitsbehörde jetzt ins Visier. Die Frage ist nur, ob die Verdampfer die Jugend nicht erst zum Rauchen animieren.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Ursprünglich sollte es neue, einschränkende Regeln für die E-Zigaretten geben. Nun kündigte Scott Gottlieb, der neue Leiter der US-Gesundheitsbehörde FDA, aber Ende Juli ganz andere Maßnahmen an. Gottlieb, selbst Mediziner, nahm die Verdampfer aus dem Fokus und lenkte das Augenmerk stattdessen auf die herkömmlichen Zigaretten – vor allem aber auf ihr süchtig machendes Potenzial. Das Nikotin wollen Gottlieb und die FDA künftig laut der Zeitung The New York Times in den herkömmlichen Tabakwaren reduzieren.

Gottlieb hat dabei die 480.000 Landsleute vor Augen, deren Tod jährlich durch den schädlichen Verbrennungsvorgang der Zigaretten verursacht wird. Deswegen beabsichtigt der FDA-Chef, das Nikotinlevel so weit zu senken, bis der Suchtfaktor verschwindet. Obendrein sieht er bei den Verdampfern eine Alternative. Mit ihnen können Süchtige Nikotin konsumieren, ohne Tabak verbrennen zu müssen. Gottlieb glaubt, das Gesundheitsrisiko sei geringer. Das ist eine Einschätzung, die durch wissenschaftliche Untersuchungen, wie die zu Beginn des Jahres veröffentlichte Querschnittstudie in den Annals of Internal Medicine untermauert wird.

Zugleich ermutigt Gottlieb die Produzenten der Erhitzersysteme, den Kontakt zur FDA aufzunehmen. Denn ihre Verdampfer könnten außerdem als Hilfsinstrumente zur Rauchentwöhnung zugelassen werden. Andere Gesundheitsvertreter hatten die Geräte in der Vergangenheit als Einfallstor für eine Nikotinsucht und Wegbereiter für den Konsum von Zigaretten abgelehnt. Die Richtung, die Gottlieb jetzt einschlug, wurde an den Börsen mit Aktienverlusten für die Tabakkonzerne quittiert.

Trotzdem ist die neue Marschrichtung der FDA durchaus als ambivalent einzuschätzen. Denn selbst der FDA-Chef sieht den Gebrauch von Verdampfern im Falle von Kindern und Jugendlichen kritisch. Deshalb will Gottlieb unter anderem jene Geschmacksrichtungen, die in erster Linie für die junge Zielgruppe kreiert werden, regulieren. Eine entsprechende Kampagne lancierte die FDA Anfang August. Dort heißt es, mehr als zwei Millionen Mittel- und Oberschüler seien regelmäßige Nutzer von E-Zigaretten und ähnlichen Gerätschaften. Während allerdings erwachsenen Rauchern diese weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten bewusst angepriesen wird, will Gottlieb, von den Händen der Kinder sämtliche Tabakprodukte fernhalten.

Es ist also eine Gratwanderung, auf die sich die FDA da begeben hat. Die Ärztezeitung verweist zudem explizit auf die feine Unterscheidung der US-Gesundheitsbehörde zwischen E-Zigaretten und weiteren "Tabakerhitzersystemen". Die deutsche Webseite zieht daraus den Schluss, "dass die Behörde den E-Dampf nicht auf eine Stufe mit den innovativeren Lösungen stellt, wenn es um das Thema Ausstiegshilfen geht". Auch unter Experten sei die E-Zigarette als Umstieg zum Ausstieg umstritten. Es bleiben also erhebliche Zweifel, ob Gottlieb mit diesem Spagat ans gewünschte Ziel kommt. Vielleicht macht er das Nikotin durch die Verdampfer erst recht hoffähig. Denn das Suchtpotenzial der Substanz bleibt unbestritten. (inwu)