DocMorris deutet Urteils-Schlappe als Erfolg (Update)

Die Internet-Apotheke sieht sich durch das gestrige Gerichtsurteil bestärkt.

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Von
  • Klaus Peeck

Die Internet-Apotheke DocMorris will seine gestrige Schlappe vor dem OLG Frankfurt/Main nicht hinnehmen und deutet das Gerichtsurteil zum Erfolg um. Auf seiner Website erklärt die Versandapotheke, die derzeit durch die Medien verbreitete Information, das OLG Frankfurt/Main habe das vorangegangene Urteil des Landgerichts Frankfurt vom November 2000 bestätigt, sei falsch.

Vielmehr habe das OLG das Verbot in entscheidenden Punkten eingeschränkt. Demnach sei "der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus unserer niederländischen Apotheke auch in Deutschland erlaubt." Lediglich die Werbung für Arzneimittel und den Versandhandel bleibe verboten, was nur die DocMorris-Homepage und eventuell die kostenlose Service-Rufnummer betreffe. Man werde das Angebot in den nächsten Tagen so umstellen, dass der Auftritt nicht mehr als Werbung zu deuten sei.

Die Internet-Apotheke vernachlässigt hier allerdings den Umstand, dass sich die Werbeproblematik nur auf Präparate bezieht, denen in Deutschland die Zulassung fehlt. – Auf Nachfrage durch heise online zeigte sich der zuständige Richter am OLG Frankfurt von der Interpretation des Urteils durch DocMorris überrascht. Als Kernaussage des Urteils sei die Klarstellung beabsichtigt gewesen, dass der Versandhandel mit zugelassenen, apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland nach wie vor grundsätzlich verboten sei. Lediglich die Gruppe der Präparate, denen in Deutschland die formelle Zulassung fehle, dürfe auf Grund einer Nische im Arzneimittelgesetz aus dem Ausland importiert werden, sofern dies nicht vor dem Hintergrund werblicher Aktivitäten geschehe. Dies sei im Tenor des Urteils mit dem Passus des unerlaubten "Feilbietens" ausgedrückt worden. Nach Ansicht des Gerichts stellt bereits ein Internetportal mit deutschen Erläuterungstexten zu den besagten Arzneimitteln eine werbliche Maßnahme dar.

Für die Gruppe der zugelassenen Präparate, auf die sich die siegessichere Aussage von DocMorris fälschlich zu beziehen scheint, ist demnach das Werbeverbot ganz irrelevant, weil Medikamente dieser Art ohnehin nicht im Versandhandel vertrieben werden dürfen.

Tatsächlich besteht das Angebot von DocMorris aber zu etwa 90 Prozent aus Medikamenten, die "nur" eine Zulassung für die Niederlande besitzen, wobei solche Präparate von den Inhaltsstoffen her naturgemäß häufig mit den deutschen Varianten identisch sind und zudem nicht selten für die verschiedenen nationalen Märkte in ein und derselben Fabrik produziert und lediglich unterschiedlich distribuiert werden.

Das Urteil unter dem Akzenzeichen 6 U 240/00 ist bereits rechtskräftig, aber durch das Gericht noch nicht veröffentlicht. DocMorris zitiert auf seiner Website allerdings bereits den Tenor des Urteils selbst. Weiterhin plant das Unternehmen eine Beschwerde gegen die Handelshemmnisse vor dem Europäischen Gerichtshof und hofft zudem auf die auch vom Bundesgesundheitsministerium angestrebte zügige Liberalisierung des Arzneimittelgesetzes in Deutschland. (klp)