Exoskelett: Wieder gehen lernen

Mit HAL lässt sich Bewegung über Nervensignale steuern – und bringt so Gelähmte wieder auf die Beine.

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Exoskelett: Wieder gehen lernen

(Bild: Cyberdyne)

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Äußerlich ist HAL eine überraschend einfache Maschine. Die Abkürzung steht für "Hybrid assistive limb". Die Beine von Querschnittsgelähmten werden festgeschnallt und mit Elektroden an Beuge- und Streckmuskulatur versehen. Die Elektroden messen die elektrische Spannung an der Hautoberfläche und damit die Nervenimpulse in den Extremitäten. Diese leiten sie weiter an die Steuerungselektronik der Motoren. So lässt sich das Exoskelett steuern. Für Querschnittsgelähmte bedeutet dieses Prinzip einen gewaltigen Fortschritt, wie erste klinische Studien nahelegen. Sie lernen, wieder zu gehen, wie das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe schreibt (online erhältlich).

TR 9/2017

Seit August 2013 üben Patienten im Krankenhaus Bergmannsheil mit dem Gerät der japanischen Firma Cyberdyne. Nach drei Monaten Training auf einem Laufband können die Patienten eine längere Strecke gehen, sie laufen schneller als vorher, und ihre Haut wird empfindlicher für Berührungen. "Wir konnten in mehreren Studien zeigen, dass das regelmäßige Training erhebliche Verbesserungen der Bewegungsfähigkeit von querschnittgelähmten Patienten und unterschiedliche neuronale Normalisierungsprozesse bewirkt", erklärt Thomas Schildhauer, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums. Allerdings können solche Studien nicht ermitteln, welcher Anteil am Erfolg dem Exoskelett zuzuordnen ist und welche Effekte bereits durch das intensive betreute Training entstanden sind.

Zudem eignet sich die Behandlung nur für Patienten, die nicht vollständig gelähmt sind, deren Rückenmark also nicht vollständig durchtrennt wurde. "Trotzdem verlieren auch sie häufig die Kontrolle über ihre Beine", sagt Therapieleiterin Alina Rühlemann. 20 bis 30 Prozent der Querschnittgelähmten fallen in diese Kategorie. "Nach der Therapie benötigen die meisten Patienten weniger Hilfsmittel als vorher", berichtet sie. So kann es sein, dass die Patienten den Rollstuhl selbstständig ins Auto stellen können oder statt eines Gehwagens auch mit Gehstützen laufen können. Angesichts dieser Erfolge hält Schildhauer ein Umdenken bei der Rehabilitation von Rückenmarkverletzten für notwendig. "Wir haben die Patienten viel zu lange aktiv und komfortabel im Rollstuhl gehalten." (Robert Thielicke) / (bsc)