Soccerwatch.tv will Amateurfußballspiele bundesweit live streamen

Das Startup Soccerwatch.tv hat ein automatisches Kamerasystem und einen Online-Streamingdienst für die Live-Übertragung von Fußballspielen der unteren Ligen entwickelt. Die Konkurrenz für die Hartplatzhelden könnte einen neuen Rechtsstreit entfachen.

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Soccerwatch.tv will Amateurfußballspiele bundesweit live streamen

Mit so einer Kameraeinheit will Soccerwatch Amateurspiele streamen.

(Bild: Soccerwatch)

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Georg Moser, Bernd Holarek und Jonathan Overhoff sehen noch große Vermarktungsmöglichkeiten im Amateurfußball, an dessen Breitenwirksamkeit sie glauben. Als Gründer des 20-köpfigen Startups Soccerwatch.tv haben sie daher unterstützt von einem Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums ein vollautomatisches Kamerasystem nebst Online-Streamingdienst für die Live-Übertragung von Fußballspielen der unteren Ligen entwickelt. Mit den ersten zehn Prototypen haben die Durchstarter aus Essen bereits Tests im laufenden Spielbetrieb in der Stadt an der Ruhr sowie in Düsseldorf, Duisburg und Mönchengladbach durchgeführt. Nun planen sie, die Lösung von Anfang 2018 bundesweit verfügbar zu machen.

Die Jungunternehmer sind zuversichtlich, zunächst bis Ende 2017 rund 50 Kamerasysteme installieren zu können. Die elektronischen Augen sollen jeweils am Flutlichtmast befestigt werden und von dort aus das Treiben auf dem Platz "mit einem 180-Grad-Blickwinkel" erfassen. Der Spielverlauf werde dem Nutzer dabei "in gewohnter Kameraführung und Bildqualität zur Verfügung gestellt", betonen sie. Interessierte Zuschauer könnten über einen vernetzten PC, ein Tablet oder Smartphone live dabei sein oder ein Spiel im Nachhinein zeitversetzt anschauen. Zusätzlich stellt Soccerwatch dreiminütige Spielzusammenfassungen bereit.

Als Partner konnten die Gründer Vodafone und den IT-Dienstleister Adesso gewinnen. Die beiden Großen halfen Soccerwatch, die auf Microsofts Cloud-Plattform Azure aufbauende Lösung zu konzipieren und umzusetzen. Herausgekommen ist dabei auch ein "selbstlernender Algorithmus für die optische Bilderkennung". Vodafone stellt zudem die LTE-Technologie für die Datenübertragung in HD-Qualität bereit.

Vereinen der Amateurligen will das Startup die Lösung damit schmackhaft machen, dass ihnen "keine Aufwände hinsichtlich Installation, Inbetriebnahme oder Wartung" entstünden: das Kamerasystem schalte sich bei Spielbeginn automatisch ein und nach Abpfiff auch wieder aus, bauliche Veränderungen seien unnötig. Zudem könnten sich kooperierende Vereine "eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen", da während der Übertragungen Werbung von lokalen und überregionalen Kunden geschaltet werde. Soccerwatch versichert, die Vereine beziehungsweise die Verbände an den damit erzielten Einnahmen "in signifikantem Maße" beteiligen zu wollen. Details dazu hat das Unternehmen zunächst nicht genannt.

Obwohl die Hartplatzhelden bereits seit 2006 ein Videoportal für den Amateurfußball betreiben, auf dem vor allem Nutzer in Eigenregie aufgenommene Spielszenen hochladen und bewerten können, und mittlerweile ein erweitertes "FuPa.TV" präsentieren, geht der geschäftsführende Soccerwatch-Gesellschafter Moser von einem "sehr großen Potenzial für unsere Live-Streaminglösung" aus. Bis zu 60.000 Partien gebe es im deutschen Amateurfußball an jedem Wochenende, ergänzt der hinzugekommene Mitgründer Jan Taube. Bisher werde aber nur rund ein Prozent davon übertragen.

Der weitgehende Ansatz von Soccerwatch dürfte aber auch neue rechtliche Fragen aufwerfen. Der Württembergische Fußballverband (WFV) verklagte die Hartplatzhelden 2007, weil diese Filmaufnahmen von Veranstaltungen des Landesverband des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kommerziell nutzten. Durch diese Form der "unlauteren Leistungsübernahme" werde er selbst in der Vermarktung der ausgerichteten sportlichen Ereignisse behindert, monierte der WFV.

Nach dem Gang durch die Instanzen entschied erst der Bundesgerichtshof (BGH) 2010, dass es ein Fußballverband hinnehmen müsse, wenn kurze Videos von Amateurfußballspielen seiner Verbandsmitglieder im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass Vereine Besuchern der Spiele unter Berufung auf das Hausrecht untersagen könnten, Filmaufnahmen zu machen.

Um eine Live-Sendung ganzer Sportwettkämpfe war es damals aber noch nicht gegangen, sodass die Gerichte bei einer neuen Verbandsklage anders entscheiden könnten. Moser zeigte sich gegenüber heise online trotzdem überzeugt von dem verfolgten Weg: "Wir gehen davon aus, dass das 'Hartplatzheldenurteil' betreffend der Ausübung des Hausrechts durch die Vereine nicht nur auf Ausschnitte von einzelnen Spielen, sondern auch auf Live-Übertragungen anzuwenden ist", erklärte der Mitgründer. "Ein Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht gleichermaßen." (vbr)