Ausflugsschiff fährt mit klimafreundlichem Methanol

Die Schifffahrt setzt vor allem auf fossile Brennstoffe und setzt neben Kohlendioxid Stick- und Schwefeloxide frei. Als klimafreundliche Alternative schlägt der Energieversorger innogy Methanol vor und tritt mit einem Ausflugsschiff den Praxistest an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 185 Kommentare lesen
Ausflugsschiff fährt mit klimafreundlichem Methanol

Die MS innogy fährt – zumindest zum Teil – mit Methanol, das vor Ort in Essen hergestellt wird.

(Bild: Innogy)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Die RWE-Ökostromtochter innogy hat in Essen ein klimaneutral angetriebenes Ausflugsschiff in Betrieb genommen. Bei der "MS innogy" handele es sich um das erste Schiff in Deutschland, das klimaneutral durch eine Methanol-Brennstoffzelle angetrieben wird, teilte das Unternehmen am Freitag mit.

Die Anlage zur Herstellung des Methanols steht in einem Container am Ufer des Baldeneysees in Essen in der Nähe des firmeneigenen Wasserkraftwerks. Es entnimmt der Luft Kohlendioxid, die zur elektro-biokatalytischen Methanolsynthese benötigt wird. Bei diesem Verfahren werden Enzyme mit Hilfe von Wasserkraft-Strom angeregt, aus Wasser und Kohlendioxid Methanol herzustellen. Noch ist das in Essen eingesetze System allerdings nicht effizient genug und die Anlage zu klein, sodass innogy – nach eigenen Angaben ebenfalls umweltfreundlich hergestellten – Treibstoff aus Island zukaufen muss.

Das Methanol erzeugt an Bord in einer Brennstoffzelle elektrischen Strom, der zwei Akkus mit je 50 kWh lädt. Daraus werden das Bordnetz und ein Elektromotor für den Schiffsantrieb gespeist. 35 kW leistet die Brennstoffzelle, der Tank fasst 330 Liter Methanol. Vier Stunden kann die MS innogy mit vollen Akkus und vollem Tank am Stück elektrisch fahren, bevor sie mit Methanol oder über ein Stromkabel betankt werden muss. Das Unternehmen will mit dem Modellprojekt Daten sammeln und zeigen, dass sich "grünes" Methanol als alternativer Energiespeicher für überschüssigen Wind- und Sonnenstrom eignet.

Der innogy-Vorstandsvorsitzende Peter Terium sieht in Methanol eine Alternative zu fossilen Treibstoffen für die Schifffahrt, den Schwer- und den Luftverkehr. "Die Elektrifizierung von Schiffen, LKW und Flugzeugen ist alles andere als einfach - Batterielösungen reichen nicht", sagte Terium. Grüne Treibstoffe wie Methanol müssten sich daher als klimaneutrale Alternativen beweisen.

Das bisher auf den Ratzeburger Seen in Schleswig-Holstein fahrende Ausflugsschiff war zuvor umgebaut worden. Es fährt seit dem 25. August regelmäßig auf dem Essener Baldeneysee. innogy testet parallel in Essen zwei Elektroautos mit der gleichen Antriebstechnik. Mit einer Tankfüllung sollen sie mehr als 500 Kilometer weit fahren. Als Hindernis für eine Massenanwendung gelten die derzeit noch hohen Kosten, ähnlich wie bei der Umwandlung von Energie in Gas.

Zeit und Ort des Projekts sind nicht zufällig gewählt. innogy ist einer der Hauptsponsoren der "Grünen Hauptstadt Europas" – ein Titel, den die Europäische Kommission in diesem Jahr der Stadt Essen verlieh. Für die Organisatoren der Grünen Hauptstadt zählt das Methanol-Schiff zu den Leuchtturmprojekten. "Aus Wasser, CO2 aus der Luft und grünem Strom entsteht ein klimaneutraler Energieträger. Das sind beste Voraussetzungen für eine Erfolgsgeschichte", sagte Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen.

Die Idee, unter Einsatz von Ökostrom flüssige Energieträger herzustellen, ist keineswegs neu und ruft immer wieder Kritiker auf den Plan – vor allem, weil die Technik aktuell vergleichsweise niedrige Wirkungsgrade hat und viel Energie durch die Umwandlung verloren geht. Das Dresdner Unternehmen Sunfire hat es sich beispielsweise zur Aufgabe gemacht, Kohlenwasserstoffe aus Strom zu synthetisieren.

[Update 17:12] Die Aussage, dass die Schifffahrt einen großen Beitrag am globalen Kohlendioxidausstoß hat, wurde korrigiert. Technische Daten zur Brennstoffzelle wurden ergänzt. (jam)