Materialwissenschaften: Schwamm drüber

Ein neuer Schwamm namens Oleo Sponge saugt nicht nur Öl auf: Wenn man ihn auswringt, gibt er es auch wieder ab – und es lässt sich dann sogar erneut verwenden.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Joseph Scheppach

Der Schiffsverkehr nimmt stetig zu, und in den Häfen machen immer größere Pötte fest. Auch ohne große Unglücke gelangt immer mehr Öl ins Meer, sei es durch fehlerhaftes Betanken, alte Schiffe oder sonstige Unfälle. Wird es nicht beseitigt, ist ein klebriger Ölfilm auf dem Wasser die Folge, der sich bislang nur aufwendig und teuer entfernen lässt. Besserung soll jetzt ein einfacher Schwamm bringen, der Öl aufsaugt und Wasser abweist. Anschließend kann der Oleo Sponge – fast wie ein Waschlappen – ausgewrungen und erneut verwendet werden, und zwar viele Hundert Mal.

TR 7/2017

Die Grundlage dafür ist ein gewöhnlicher Schaumstoff: Polyurethan, wie er in Polstermöbeln oder Schuhsohlen verwendet wird. Dieses feinporige Material kombinierten Forscher am Argonne National Lab in Illinois mit Molekülen, die hervorragende Saugeigenschaften haben: ölanziehende Silane. Die Moleküle aus Silizium und Wasserstoff werden bislang beispielsweise eingesetzt, wenn ein Erdöllager mit lockerem Sandstein vermischt ist. Sie lösen das Öl aus dem Gemisch, sodass nur der wertvolle Rohstoff, nicht aber der Sand gefördert wird. Dieses Prinzip wollten die Forscher auf Wasser und Schwamm übertragen.

Doch dafür mussten sie zunächst ein Hindernis beseitigen – Silane binden nicht an Kunststoff. Eine Lösung für dieses Problem fand der Chemiker Jeff Elam dann in einer raffinierten Technik namens sequenzielle Infiltrationssynthese (SIS): Auf das Polyurethan wird ein dünner Film aus Polymeren mit den gewünschten Eigenschaften aufgebracht, der wie eine Schablone wirkt, um die harten Metalloxide der Silane in die komplexen Nanostrukturen des Schwamms einzubringen. "Das eine Molekülende ist mit dem Schwamm verbunden, während am anderen Ende die Ölpartikel absorbiert werden", erklärt Elam.

Oleo Sponge (5 Bilder)

In der Forschungsanlage Ohmsett überprüften die Argonne-Wissenschaftler die Wirksamkeit des Oleo Sponges im Salzwasser.
(Bild: Mark Lopez/Argonne National Laboratory)

Damit der Oleo Sponge Öl nicht nur aufnimmt, sondern auch wieder abgibt, mussten die Forscher zudem die richtige chemische Mischung finden. "Zu viele Silanmoleküle verhindern die Aufnahme von Öl, bei zu wenigen Molekülen wird es zwar absorbiert, kann aber nicht wieder ausgepresst werden", erklärt Seth Darling, der den Schwamm mitentwickelt hat.

Nach vielen Tests mit verschiedenen Rezepturen kann der Schwamm nun bis zum 90-Fachen seines eigenen Gewichts an Öl aufnehmen. In einem Stück von der Größe eines Waschlappens würde also etwa ein Liter Öl verschwinden. Ein watteähnlicher Schwamm aus Wachs, mit dem ebenfalls Öl aufgesaugt werden soll, kommt bislang auf gerade einmal das 6,55-Fache seines Eigengewichts an Aufnahmekapazität.

"Der Schwamm kann auch Diesel aufsaugen und ist sehr widerstandsfähig", sagt Elam. "Selbst nach mehreren Hundert Testläufen haben sich seine Eigenschaften nicht verschlechtert." Das Öl und der Diesel ließen sich danach sogar wiederverwenden, berichten die Wissenschaftler. Für einen Einsatz als Treibstoff müsste beides allerdings erst noch gereinigt werden.

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Große Ölunglücke würden den Schwamm allerdings an seine Grenzen treiben. "Bei Unfällen mit Zigtausenden Litern Öl müsste man riesige Mengen dieses Materials an den Unglücksort transportieren und mit riesigen Maschinen das Öl auspressen", sagt Jörg Feddern, Ölexperte bei Greenpeace. Die Argonne-Forscher sehen Einsatzmöglichkeiten daher vor allem in verschmutzten Hafenbecken. Nun suchen sie nach Investoren für die Vermarktung. (bsc)