Lauschangriff auf die Kommunikation soll Ausnahme bleiben

Ausschuss des Europaparlaments spricht sich gegen die Ausweitung der Telekommunikations-Überwachung aus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 43 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der Bürgerrechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat sich in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch gegen eine allgemeine Überwachung der Telekommunikation ausgesprochen. "Das Komitee hat meinen Vorschlag zur Beschränkung der Rechte der Strafverfolger voll akzeptiert", freut sich Marco Cappato. Der italienische Abgeordnete, der für die "Radikalen" – eine linke Bürgerrechtspartei ohne Berührungsängste vor der Marktwirtschaft – im Parlament sitzt, hatte als Berichterstatter einen Änderungsantrag zum diskutierten "Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation" eingebracht. Prinzipiell soll damit die von den Strafverfolgern gewünschte flächendeckende elektronische Überwachung verhindert werden.

Die Abgeordneten des Ausschusses haben sich nun klar dafür ausgesprochen, dass das Abhören und Speichern von Verkehrs- und Ortsdaten bei der elektronischen Kommunikation "absolute Ausnahmefälle" bleiben sollen. Derartige Maßnahmen, so fordern die Parlamentarier, müssen auf einem "spezifischen, allgemein verständlichen Gesetz basieren" und von einem Richter oder Staatsanwalt abgesegnet werden. Sie dürfen zudem dem Votum des Ausschusses entsprechend nur für eine begrenzte Zeit erfolgen, müssen "angemessen" und "notwendig innerhalb einer demokratischen Gesellschaft" sein. Alle anderen Formen einer allgemeinen oder weiter gehenden Bespitzelungen der Nutzer sollen gemäß der Europäischen Menschenrechtserklärung verboten werden.

Die Note richtet sich vor allem gegen Bestrebungen der auf Ratsebene angesiedelten Europäischen Arbeitsgruppe für polizeiliche Zusammenarbeit (Enfopol) sowie des Europarats, die Befugnisse der Ermittler und Schlapphüte deutlich auszuweiten. Jüngste Enfopol-Papiere etwa fordern die Vorratshaltung aller Telekommunikationsdaten für mindestens ein Jahr. Gleichzeitig soll die anonyme Nutzung des Internet verboten werden.

Das klare Votum interpretiert Cappato als ein Zeichen gegen die in Straßburg und Brüssel ausgearbeiteten Überwachungspläne. Das gesamte Parlament muss ihm nach der Sommerpause allerdings erst noch zustimmen. Im Gespräch mit heise online sagte der italienische Bürgerrechtler, dass er nicht daran glaube, dass die Enfopol-Pläne nun sofort wieder in den Schubladen verschwinden würden. Er beklagte, dass die "Orte, an denen solche Vorstöße gemacht werden, der demokratischen Debatte gegenüber nicht sehr aufgeschlossen sind." Seine Hoffnung besteht trotzdem darin, dass die EU-Mitgliedsstaaten sich allen Anstrengungen widersetzen, weitere Machtmittel zum Eindringen in das Privatleben der Bürger und zum Aushöhlen ihrer fundamentalen Rechte zu erlangen. (Stefan Krempl) / (jk)