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Künstliche Intelligenz in der Medizin: "Wir wollen Ärzte nicht arbeitslos machen"

Neue Technologien in der Medizin- und Gesundheitsbranche bieten Möglichkeiten für Ärzte und Patienten. Doch noch gibt es Herausforderungen wie die Elektronische Gesundheitsakte oder den Datenschutz, meint Jochen Werner vom Universitätsklinikum Essen.

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Künstliche Intelligenz in der Medizin: "Wir wollen Ärzte nicht arbeitslos machen"
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Eine elektronische Krankenakte mit allen Befunden und generierten Daten, ein sektorenübergreifendes Telemedizinnetz, ein App-Store sowie ein Robot-Center, eine Abteilung für 3D-Druck und ein Data Warehouse: das sind die wichtigsten Aspekte eines "Smart Hospitals" – jedenfalls, wenn es nach der Vorstellung von Jochen Werner geht. Er ist Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Essen. Dort will Werner künftig auf die Integration von Künstlicher Intelligenz und Robotik setzen. Sein Konzept stellt er auf dem "Innovators Summit – Digital Health" am 22. November 2017 in Berlin vor. Das Magazin Technology Review richtet die Veranstaltung bereits zum zweiten Mal aus.

Der Fokus des Kongresses liegt auf dem Einzug neuer Technologien in die Medizin- und Gesundheitsbranche. Besonders Künstliche Intelligenz und die Verknüpfung von Daten aus allen Bereichen des Gesundheitswesens schaffen neue Möglichkeiten für medizinische Forschung, Diagnose, Prävention und Therapie. So sieht es auch Jochen Werner. Als konkretes Beispiel nennt er etwa die radiologische Diagnostik. Dabei arbeiten Künstliche Intelligenz-Systeme und erfahrene Radiologen zusammen. "Es zeichnet sich ab, dass zuerst ein Computer die radiologischen Aufnahmen beurteilt und erst dann ein Radiologe zu endgültigen Befunderstellung darauf schaut", sagt Werner. In fünf, spätestens zehn Jahren werde es soweit sein. Ein anderes mögliches Anwendungsfeld sieht der Mediziner in der Pflege. Hier könnten intelligente Robotersysteme zum Einsatz kommen.

Manche Patienten befürchten mit diesen Entwicklungen einen weniger persönlichen Kontakt zum Personal im Krankenhaus. Jochen Werner ist anderer Meinung. Für ihn geht damit eine gezielte Entlastung der Ärzte und Pfleger einher, die sich von administrativen Aufgaben befreien und sich mehr dem Patienten zuwenden können. Jedoch stehen laut Werner der Umsetzung unterschiedlichste Herausforderungen gegenüber. "So scheinen Elektronische Gesundheitsakte, Datenschutz, Finanzierung und ein immer noch unzureichender Breitbandausbau den heute schon vorhandenen Möglichkeiten und vor allem Notwendigkeiten entgegenzustehen."

Auch bei so manchem Arzt bemerkt Jochen Werner angesichts der Tendenz zur Digitalisierung Skepsis, Zurückhaltung und auch Ablehnung. Hier kann er beruhigen: „Es ist nicht die Frage, Ärztinnen und Ärzte arbeitslos machen zu wollen.“ Werner weist auf einen Paradigmenwechsel hin: weg von der Rolle des Wissensträgers hin zur Beratung der Patienten und individuellen Stärkung der Gesundheitskompetenzen. „Wir müssen die künftigen Chancen erkennen und viel stärker in Fähigkeiten investieren, die Maschinen nicht so schnell reproduzieren können. Moral, Kreativität, Erfindungsgabe, Empathie und gesunder Menschenverstand gehören dazu“, so der Ärztliche Direktor.

Mehr dazu erfahren Sie auf dem "Innovators Summit – Digital Health": Zur Anmeldung (jle)