Analyse: Apple macht 4K-Filme massentauglich

4K nicht teurer als HD: Apples Preisstrategie übt Druck auf den gesamten Filmmarkt aus. Davon profitieren selbst Filmfans, die den Apfelkonzern nicht mögen.

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Analyse: Apple macht 4K-Filme massentauglich

(Bild: Apple)

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Technisch gesehen ist Apple bei 4K und HDR nicht Vorreiter, sondern Nachzügler. Und das neue Apple TV 4K ist denn auch nur eine Streaming-Box von vielen, die die neuen Formate beherrschen. Viel wichtiger war am gestrigen Abend aber eine andere Ankündigung: Apple verkauft 4K-Filme nicht teurer als HD-Filme. Selbst alte HD-Filme werden kostenlos hochgerüstet. Das betrifft nicht nur Käufer des neuen Apple TVs, sondern voraussichtlich auch alle Nutzer, die iTunes-Filme auf Smartphones, Tablets, Windows-PCs oder Macs schauen. Apples Kunststück ist also kein technisches, sondern ein kaufmännisches: Per Verhandlungsgeschick und Marktmacht zwingen sie die wichtigsten Filmstudios zu günstigeren Preisen.

Denn was man bislang an 4K-Material vorgesetzt bekommt, ist armselig. Lediglich bei einer Handvoll Filmen wurde die 4K-Auflösung von der Kamera-Aufnahme über das Special-FX-Rendering bis zur Pressung auf UHD Blu-rays durchgehalten. Und das Streaming-Angebot ist bislang ebenfalls mickrig: Netflix und Amazon streamen vielleicht ein Dutzend US-Serien und wer einen 4K-Film bei Amazon Prime Video kaufen will, zahlt Mondpreise von 30 Euro – damit ist kein Massenmarkt zu machen.

Wenn Apple nun aber bei den Preisen keinen Unterschied mehr zwischen HD und 4K macht, dann wird man künftig neue iTunes-Filme in 4K für 10 bis 15 Euro kaufen können. Da werden auch die anderen Anbieter wie Amazon mitziehen müssen. Selbst die UHD Blu-ray gerät unter Druck, auch wenn ihre Bildqualität dank höherer Bitraten deutlich besser ist. Denn diese Vorzüge goutiert nur eine kleine Zahl von Heim-Cineasten, und 3D-Kino-Sound in Dolby Atmos findet man inzwischen nicht nur auf UHDs, sondern auf fast ebenso vielen Blu-ray Discs.

Eine Analyse von Hartmut Gieselmann

Redakteur Hartmut Gieselmann, Jahrgang 1971, ist seit 16 Jahren bei c't und testet alles, was mit Audio & Video, Spielen und VR zusammenhängt. Sein kleines Heimkino hat er just auf 4K und 3D-Sound aufgerüstet, jetzt fehlen ihm nur noch die Filme.

Mit günstigeren Filmen fällt dann auch der Startschuss für 4K im Massenmarkt. Zum Weihnachtsgeschäft werden wir mit unzähligen Elektromarkt-Prospekten mit neuen 4K-Fernsehern, Streaming-Boxen und UHD-Playern bombardiert. Mit deren Verbreitung nimmt auch die Nachfrage nach 4K-Filmen zu, was die Studios wiederum veranlasst, mehr Material in 4K zu produzieren.

Im Konzert der großen Hollywood-Studios tanzt nur Disney aus der Reihe. Das betrifft nicht nur deren Animationsfilme, sondern auch alle Streifen der Marvel-Studios, Pixar und Star Wars, die zum Disney-Konzern gehören (Apple bewirbt zwar seinen 4K-Dienst mit dem Marvel-Film "Logan", dieser wurde jedoch von Fox produziert). Disney hat für das kommende Jahr bereits Netflix gekündigt und will sein eigenes Streaming-Angebot aufziehen. Da muss man abwarten, ob sie diesen Alleingang tatsächlich durchhalten und genügend Interessenten finden, die für Superhelden und Comic-Figuren nochmal extra in die Tasche greifen. (hag)