Vom Dotcom-Großverdiener zum Entwicklungshelfer

Für ehemalige Mitarbeiter von amerikanischen Dotcom-Unternehmen ist es mittlerweile "cool", als Entwicklungshelfer zu arbeiten.

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Von
  • Barbara Munker

Die Pleite- und Entlassungswelle unter den Dotcom-Firmen in San Francisco und im Silicon Valley hat dem amerikanischen Friedenskorps zu einem unerwarteten Aufschwung verholfen. Bei der Regierungsorganisation, die freiwillige Helfer in Entwicklungsländer und Katastrophengebiete schickt, ist die Zahl der Bewerbungen im Raum San Francisco seit Jahresbeginn um 55 Prozent gestiegen.

Die meisten Anfragen kämen von ehemaligen Dotcom-Mitarbeitern, die ihren Job verloren haben und eine neue Lebensaufgabe suchten, sagt Harris Bostic, Leiter des Peace Corps in San Francisco. Viele fänden es "sexy", spannende Aufgaben im Ausland zu übernehmen, statt in der Internet-Branche erneut auf Arbeitssuche zu gehen. Bostic beschreibt einen typischen Fall einer Ex-Dotcom-Angestellten, die ihre Aktien einlöste und es sich leisten kann, unbezahlt zwei Jahre als Freiwillige im Ausland zu arbeiten.

Peace-Corps-Helfer verdienen kein Geld. Die Organisation, die 1961 von Präsident John F. Kennedy ins Leben gerufen wurde, kommt für den Lebensunterhalt, das Berufs- und Sprachtraining und die Reisekosten auf. Derzeit sind 7300 Helfer in 76 Ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa stationiert.

Ex-Dotcomer Jessica Hsu tauscht ihren gut bezahlten aber unsicheren Computerjob bei einer Online-Werbefirma gegen einen zweijährigen Aufenthalt in Haiti ein. Nach stressigen langen Arbeitstagen in der High-Tech-Welt freut sich die 25-Jährige auf ein "einfaches" Leben. Wie viele andere hätte auch sie sich gefragt, ob sie den Rest ihres Lebens auf einen Computer starren wollte.

Der größte Unterschied ist der Verlust eines 5-stelligen Gehalts, doch Harry Bostic sieht Ähnlichkeiten zwischen dem Einsatz beim Peace Corps und dem Job in der Dotcom-Branche. In beiden Bereichen seien Risikobereitschaft, Abenteuerlust und ein großer Tatendrang gefragt. Nach jahrelangem Geldverdienen und einem Luxusleben sei es jetzt wieder "cool", zu helfen und sich auf andere Werte zu besinnen.

Waren früher handwerkliche und landwirtschaftliche Kenntnisse beim Einsatz in den Drittweltländern gefragt, sind jetzt Erfahrung mit Computern und dem Internet begehrt. 13 Prozent der Peace-Corps- Dienste haben mit Geschäftsgründungen und Unternehmensberatung zu tun. Kürzlich wurde das erste Team von IT-Helfern mit Computern, Modem und Druckern nach Belize entsandt. (Barbara Munker) / (mw)