Deutsche Industrie wittert Chancen in der EU-Verteidigungsunion

Wenn die EU reibungsloser funktioniert, könnte auch die Wirtschaft etwas davon haben. BDI-Chef Kempf sieht durchaus Chancen. Ein ganz anderer Punkt der internationalen Debatte ärgert ihn hingegen maßlos.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 50 Kommentare lesen
Eurofighter der Bundeswehr

Gemeinschaftsprodukt von Rüstungsunternehmen aus Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien: Eurofighter

(Bild: Geoffrey Lee / Airbus Group)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Die Wirtschaft hofft auf neue Chancen durch eine engere Verteidigungszusammenarbeit der Europäischen Union. "Ja, ich sehe Wachstumspotenzial für die europäische Industrie, nicht nur für die deutsche", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Auch für eine Ausweitung der Eurozone zeigte sich Kempf offen, sofern die Kriterien dafür eingehalten werden.

Die EU-Kommission hat diverse Reformprojekte vorgeschlagen, unter anderem einen gemeinsamen Rüstungsfonds mit jährlich etwa fünf Milliarden Euro. Das Geld könnte in die Entwicklung einheitlicher europäischer Waffensysteme fließen. Eine engere Zusammenarbeit könnte nach Schätzung der Kommission bis zu 100 Milliarden Euro im Jahr sparen.

Auch BDI-Chef Kempf sagte, es gehe vor allem darum, Militärbudgets "gebündelter und damit sinnvoller auszugeben". Einer Kooperation europäischer Rüstungskonzerne räumt er gute Chancen ein. "Eine sinnvolle europäische Zusammenarbeit ist möglich, also auch eine Produktion an verschiedenen nationalen Standorten", sagte Kempf. "Warum sollte dies im militärischen Bereich nicht auch möglich sein?"

Kempf zeigte sich auch aufgeschlossen für Pläne, die Eurozone krisenfester zu gestalten. "Der europäische Finanzminister könnte ein stabilisierender Faktor sein", sagte er. "Allerdings muss man die Aufgaben ganz klar bestimmen. Auch darf sich sein Budget nicht aus Steuererhöhungen speisen, sondern aus einem Verzicht auf Mittel in nationalen Budgets."

Dieter Kempf, BDI-Chef und Ex-Präsident des IT-Branchenverbandes Bitkom: Chancen durch EU-Rüstungsprojekte (Archivbild)

(Bild: dpa, Ole Spata)

Zum Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, alle EU-Länder in die Gemeinschaftswährung Euro aufzunehmen, sagte Kempf, diesem Ziel "kann man sich nähern, aber nur unter den beschlossenen harten Beitrittskriterien." Unter anderem müssen Euro-Länder sich verpflichten, die Verschuldung niedrig zu halten."

Verärgert zeigte sich Kempf über die jüngst beschlossenen US-Sanktionen gegen Russland, die auch europäische Unternehmen bei gemeinsamen Energieprojekten treffen könnten. Im Gesetzestext wird darauf hingewiesen, dass Europa statt aus Russland auch aus den USA Gas beziehen könnte.

"Wenn Amerika Schiefergas verkaufen möchte, sollen sie es zu konkurrenzfähigen Preisen auf den Weltmärkten anbieten", sagte Kempf. "Gaslieferungen aus Russland aber politisch zu verteuern, ist ein Irrweg."

Er bezog dies auch auf das russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 durch die Ostsee, das von der Bundesregierung unterstützt wird. "Man sollte dem Markt die Entscheidung überlassen, ob Nord Stream 2 für die Sicherung der europäischen Energieversorgung gebraucht wird, ja oder nein", betonte der BDI-Chef. "Ich finde es nicht richtig, dass das mit der Frage von Energieimporten aus den USA verknüpft wird, und schon gar nicht im Rahmen eines Sanktionsgesetzes."

(js)