Der Stoff, der aus dem Donut kam

Mithilfe geometrischer Überlegungen haben Forscher eine neue Stoffklasse gefunden. Die „topologischen Materialien“ glänzen mit ungewöhnlichen Eigenschaften.

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Von
  • Wolfgang Richter

Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review mit dem Fokus "Quantentechnik" entnommen. Das Heft ist ab 12.10.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Nie mehr heiße Oberschenkel – weil die Prozessoren des Notebooks keine Wärme mehr produzieren. Glasfaserleitungen ohne Streuverluste für die Lichtstrahlen. Robuste Quantencomputer, die man auf Safari mitnehmen könnte. All das sollen „topologischen Materialien“ leisten, für die es 2016 den Nobelpreis für Physik gab.

Wie das Prinzip funktioniert, erklärt Claudia Felser, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden, anhand eines Klumpen Tons: „Nehmen Sie ihn, und formen Sie daraus eine Schale.“ Auch wenn die Schale ganz anders aussieht als der kugelförmige Klumpen – „topologisch“ sind beide gleich. Denn auf beiden Objekten kann man seinen Finger irgendwohin setzen und dann auf geradem Weg jeden anderen Punkt auf der Oberfläche anfahren. Man muss vielleicht rauf- und runterfahren, aber nie die Richtung wechseln. „Das ist nicht mehr möglich, wenn Sie irgendwo mit dem Finger auf ein Loch stoßen“, erklärt Felser. Das Loch muss man mit dem Finger auf jeden Fall umfahren, also eine Kurve machen. Diese geometrischen Überlegungen lassen sich mathematisch fassen. Das Loch kann dann auch ganz anders gedeutet werden und muss nicht mehr für eine räumliche Leerstelle stehen. „Seit den 80er-Jahren hilft uns die Mathematik, die geometrische Formen beschreibt, auch bei der Lösung physikalischer Probleme“, sagt Felser.

Topologische Materialien sind also Stoffe, deren Eigenschaften mithilfe der topologischen Mathematik erklärt werden können. Ein Donut (mit einem Loch) unterscheidet sich in seiner mathematischen Beschreibung grundlegend von einer Kugel. Und eine Brille (mit zwei Löchern) oder eine Brezel (mit drei Löchern) haben wieder eine andere Topologie. In der Physik würde man sagen, es handelt sich um Phasenübergänge in einen anderen Zustand, wie von flüssig nach gasförmig. Doch wie lassen sich daraus die besonderen Eigenschaften der topologischen Materialien erklären?

(wst)