EU-Kommission warnt vor Alleingang bei .eu-Domains
Der Verband der nationalen Registrierstellen will sich nicht mit dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission fĂĽr eine eigene .eu-Domain abfinden.
Als Fehlschlag bezeichnete der Vorsitzende des europäischen Verbands der nationalen Registrierstellen, CENTR, Willy Black, den Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission für eine eigene .eu-Domain. Bei einem kurzfristig anberaumten Treffen am Rande der Tagung der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, ICANN, in Stockholm diskutierten Vertreter europäischer Registrierunternehmen daher über die Möglichkeit, einen eigenen Vorschlag für einen Antrag bei ICANN auszuarbeiten.
Ein Vertreter der EU-Kommission warnte die anwesenden Registrare davor, die Mitgliedstaaten der EU und die gewählten Parlamentarier zu übergehen. Parlament und Rat diskutieren zurzeit den von der Kommission Ende vergangenen Jahres vorgelegten Vorschlag zur Einführung der .eu-Domain. Würden die Registrare nun diesen offiziellen Prozess ignorieren, "könnten sie der .eu-Domain Schaden zufügen", sagte Gordon Lennox von der Generaldirektion Informationsgesellschaft der EU-Kommission.
Vor allem im Rat der EU, wo es offensichtlich den Ruf nach mehr staatlicher Kontrolle über die neue Domain der Gemeinschaft gibt, würde sich ein eigenmächtiges Vorgehen der Interessensvertreter negativ auswirken. Mit Blick auf einen möglichen konkurrierenden Antrag der Branche bei der ICANN sagte der EU-Vertreter: "Wer, glauben Sie, gewinnt, wenn der Eindruck entsteht, dass die Entwicklung außer Kontrolle gerät? Diejenigen, die für mehr oder die, die für weniger Kontrolle sind?"
Frühestens im Juli wird eine endgültige Entscheidung im Europäischen Parlament und anschließend im Rat erwartet. Uneinigkeit unter den Mitgliedsstaaten und zwischen Ländervertretern und der Kommission könnten das Verfahren auch noch weiter hinauszögern. Die Kommission favorisiert nach Aussagen ihrer Vertreter eine starke Selbstregulierung der Registry. Entscheidungen über die Registrier- und Geschäftspolitik will sie in die Hände eines eu-Registrierunternehmens legen. Der Rat dagegen diskutiere eine untergeordnete Stellung der Registrierstelle und mehr direkte Kontrolle durch ein spezielles Aufsichtsgremium des Rates und die Kommission.
Die Branche sieht mit weiteren Verzögerungen den Erfolg der eu-Domain grundsätzlich in Frage gestellt. Verärgert sind die Registrare auch, weil ein Grundsatzpapier zur Organisation der eu-Registry "ganz nach oben gereicht wurde und dann nie mehr gesehen ward", wie Stephen Dyer vom Registrar CentralNic kritisch anmerkte. Dass stattdessen nun die Regierungen den eu-Domainmarkt stärker regulieren wollen, widerspricht nach Ansicht vieler Registrare der Idee einer effektiven Selbstregulierung.
Parallel zu den politischen Entscheidungsprozessen wollen die Registrare daher nun ihren eigenen detaillierten Vorschlag für Registrybetrieb ausarbeiten. Gescheitert war das bislang an der Uneinigkeit der beteiligten Unternehmen und Organisationen, von denen sich viele selbst Chancen auf den Registrybetrieb ausrechnen. Unter anderem hat die irische Länderregistry ihr Interesse an der Position des Registryproviders bekundet. Um Organisationen und "Gegenorganisationen" vom ECPoP bis zu Europoc und Coeur. wieder zusammenzubringen, will man nun einen neuen Anlauf mit dem Anwalt Clive Stanbrook als neutralem Schiedsrichter machen. Am 13. Juli will man möglichst viele der Beteiligten in Brüssel zusammenbringen, um die EU doch noch von einer Selbstregulierungsvariante zu überzeugen.
Konkurrierende Anträge bei der ICANN, die bereits grundsätzlich grünes Licht für die eu-Domain gegeben hat, würden laut Ansicht des ICANN-Vorsitzenden Vint Cerf ohnehin dazu führen, dass ICANN die verschiedenen Partner bittet, sich wieder an einen Tisch zu setzen. Das entspreche den klassischen IANA-Gepflogenheiten. (Monika Ermert) / (em)