Erneuerbare Energie: Flüssigbatterien vom Seriengründer

Professor Yet-Ming Chiang hat bereits fünf Start-ups gegründet, zwei davon im Batterie-Bereich. Mit seinem neuesten Unternehmen will er Akku-Technik billig genug machen, um erneuerbaren Strom für einen ganzen Winter zu speichern.

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Von
  • James Temple
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Der umtriebige MIT-Professor Yet-Ming Chiang hat sein neuestes Start-up auf den Weg gebracht: Das Unternehmen soll mit Flow-Batterien erneuerbare Energien konkurrenzfähig zu fossilen Quellen machen. Dass sich Chiang damit einiges vorgenommen hat, zeigt schon der Name des Start-ups: Baseload Renewables. Es soll Batterien produzieren, mit deren Hilfe Strom aus erneuerbaren Quellen rund um die Uhr zuverlässig ins Stromnetz eingespeist werden kann; die Kosten sollen fünfmal niedriger sein als für Lithium-Ionen-Akkus, selbst wenn man bei ihnen weitere erwartete Preissenkungen mit einrechnet.

Damit nähert sich die Technologie für Flüssig- oder Flow-Batterien einem Preispunkt, ab dem "saisonale Speicherung" wirtschaftlich sinnvoll wird. Installationen mit den Batterien könnten laut Chiang also den Sommer über genügend Sonnenstrom speichern, um die entsprechende Region durch einen langen, wolkigen Winter zu bringen.

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Baseload hat seinen Sitz in einem neuen "Beschleuniger" des MIT namens Engine, der auch 2 Millionen Dollar Startkapital zur Verfügung gestellt hat. Viele technische Details nennt das Unternehmen bislang nicht. Doch der Schlüssel zu den niedrigen Kosten soll in der Verwendung von Schwefel liegen, der laut Chiang im Überfluss vorhanden ist und eine hohe Energiedichte aufweist. Tatsächlich fällt Schwefel als Abfall bei der Produktion von Öl und Gas an und kostet nur 10 Cent pro Kilogramm.

"Gemessen an der Speicherung pro Dollar war Schwefel um mehr als den Faktor 10 besser als das nächstbeste Material", sagt Chiang, ein Professor für Materialwissenschaften, der zuvor schon die zwei Akku-Startups A123 Systems und 24M sowie drei weitere Unternehmen gegründet hat. Zu den weiteren Mitgründern bei Baseload zählen Ted Wiley, vorher Vice-President bei Aquion Energy, sowie Marco Ferrara und Billy Woodford, die beide schon bei 24M mit Chiang zusammengearbeitet haben.

Bessere, billigere und haltbarere Speichertechnologien sind entscheidend, um mit erneuerbaren Quellen einen größeren Teil der Energienachfrage decken zu können und so die Emissionen von Treibhausgasen drastisch zu verringern.

Flow-Batterien lassen sich auf ein sehr hohes Verhältnis von Strom zu Leistung auslegen. Sie können also viel Energie speichern und sie über lange Zeiträume abgeben, erklärt Michael Aziz, Professor für Material- und Energie-Technologien an der Harvard University.

Die meisten Flow-Batterien arbeiten mit zwei Tanks mit in Flüssigkeiten gelöstem elektroaktivem Material, bezeichnet als Anolyt und Katholyt. Diese werden in eine zentrale Zelle gepumpt, getrennt von einer Membran, die für ein gemeinsames Ion durchlässig ist, so dass Atome mit positiver oder negativer Ladung sie passieren können. Dieser Spannungsfluss lädt die positiven und negativen Elektroden an beiden Seiten der Zelle.

Im Fall von Baseload scheint es sich beim Anolyt um eine "Polysulfid-Lösung" zu handeln, enthält also schlicht Ketten von Schwefel-Atomen. Dies geht aus einer Patent-Anmeldung des MIT für eine "Luft atmende, wässrige, aufladbare Batterie auf Schwefel-Basis" von Ende 2016 hervor, in der Chiang als einer der Erfinder genannt wird. Der Katholyt ist ein ungenanntes Metallsalz, das in Wasser gelöst wurde. Von "Luft atmend" ist die Rede, weil während des Ladens Sauerstoff im Katholyt entsteht, der beim Entladen verbraucht wird.

Chiang, der als Chefwissenschaftler von Baseload auftritt, geht davon aus, dass seine Batterien Strom "für mehrere Tage oder länger" werden liefern können und in der Praxis 20 Jahre lang halten. "Wir arbeiten noch daran, die ideale Chemie für diesen Ansatz auszuwählen", sagt er. Das Unternehmen sei noch in einem frühen Stadium, und bis zu größeren Projekten in der Praxis könne es noch drei bis fünf Jahre dauern. Dafür wird Chiang aller Voraussicht nach auch mehr Geld benötigen als die bereitgestellten zwei Millionen Dollar. Wie er sagt, ist das Unternehmen tatsächlich auf der Suche nach weiteren Finanzierungsquellen.

(sma)