PixelNet rettet Photo Porst (vorerst) vor der Liquidation

PixelNet ĂĽbernimmt Photo Porst von dem belgischen Fotokonzern Spector NV zum symbolischen Kaufpreis von 1 Mark.

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Von
  • Dr. Klaus Peeck

Die PixelNet AG, Fotodienstleister mit webbasiertem Serviceangebot, übernimmt die Photo Porst AG, Deutschlands ältestes und größtes Fotohaus, vom belgischen Fotokonzern Spector NV zum symbolischen Kaufpreis von 1 Mark. Diese Übernahme muss als Rettung in letzter Minute angesehen werden, denn die Spector NV hatte vor zwei Wochen mitgeteilt, die Investitionen in ihre defizitäre Photo-Porst-Tochter einzustellen, um ihre anderen Aktivitäten nicht zu gefährden.

PixelNet verspricht sich von der Übernahme nach eigenen Angaben eine Stärkung seines Geschäfts mit digitalen Foto-Dienstleistungen, für die die Photo-Porst-Filialen als Annahme- und Digitalisierungsstationen dienen sollen. Außerdem will man die bei Photo Porst vorhandenen Kompetenzen im Fest- und Mobiltelefoniesegment nutzen und ausbauen, da angesichts der nahenden neuen Mobilfunkstandards Bildkommunikation als wichtiger Content angesehen werde.

Die Bitterfelder PixelNet AG wurde im Dezember 1997 als "Batavia Digital Imaging Systems GmbH" gegründet und im Juli 1999 in die PixelNet AG umfirmiert. Bis Ende 1999 war das Unternehmen schwerpunktmäßig als Betreiber von "Digital-Imaging-Stationen" im Fotohandel tätig, verkaufte jedoch Ende 1999 diesen Geschäftsbereich an die "Batavia Multimedia AG". Seither operiert das Unternehmen als internetbasierter Fotodienstleister und bietet einen analogen (Scannen von analogen Fotos) und einen digitalen Bilderdienst (Herstellung von Prints von digitalen Bilddateien). Hierzu setzt das Unternehmen als Kerntechnologie eine Peer-to-Peer-Software ("Pixel-to-Picture") ein, mit deren Hilfe der Kunde direkte Datenübertragungen zu den mit PixelNet kooperierenden Fotolabors vornehmen kann; sie ist auf der Website der PixelNet AG downloadbar und wird zudem kostenlos über Film/Foto-Bundles durch den Fotofachhandel und über Sonderaktionen vor Schulen, Universitäten oder Kinos verbreitet. Auch besteht eine Kooperation mit der bei Leipzig angesiedelten Computerschmiede Lintec AG, die die PixelNet-Software ihren PCs beigibt. Von der Firma Lintec übernahm die PixelNet AG Ende 2000 auch den Foto-Finisher Orwo Media GmbH, bedient sich aber auch fallweise der auf dem Markt der Foto-Großlabore bestehenden Überkapazitäten. Weitere Kooperationen bestehen mit der Metro-Tochter Primus-Online sowie mit dem Internet-Portal AOL.

Hinsichtlich der Marktentwicklung für digitale Fotografie gibt sich der Bitterfelder Fotodienstleister optimistisch: Neben vermuteten 120 Milliarden Bildern, die bei bundesdeutschen Hobbyfotografen gelagert seien und "auf die Digitalisierung warte[te]n", so PixelNet-Vorstandschef Matthias Sawatzky, würden künftig die Dienstleistungen um die digitale Fotografie den höchsten Stellenwert einnehmen. – Die Photo-Porst-Übernahme wurde von der Börse gemischt aufgenommen: nach einem Kursverfall am gestrigen Mittwoch, stieg heute der Kurs der PixeNet-Aktie in der Spitze um knapp 11 Prozent auf 7 Euro 70, notiert damit aber noch immer knapp über der Hälfte des Emissionskurses, der im Juni 2000 bei 14 Euro lag.

Die Photo Porst AG hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: 1919 von Hans Porst als Fotofachgeschäft gegründet, begann er Mitte der 60er Jahre den Aufbau eines landesweiten Netzes aus Photo-Porst-Filialen und Franchise-Geschäften und galt kurz darauf als das "größte Fotofachgeschäft der Welt". Heute umfasst das Porst-Netz 2.000 Vertriebsstellen. Früh angeschlagen durch ein sehr weit gehendes Mitbestimmungsmodell, im Zuge dessen der Sohn des Porst-Firmengründers, Hansheinz Porst, Teile des Unternehmens an seine Mitarbeiter übergab, und wegen in den letzten Jahren schrumpfender Margen in dem "umsatzstarken aber ertragsschwachen" Fotobereich, musste das Unternehmen im September 1996 für 100 Millionen Mark an die belgische Spector NV verkauft werden, die sich zuvor bereits durch Aufkäufe der ungarischen Föfoto und des französischen Fotoversandes Maxicolor hervorgetan hatte und damit zum weltgrößten Fotounternehmen avancierte.

Im entsprechenden Geschäftsjahr war der Umsatz von Photo Porst weiter gesunken und lag um 754 Millionen Mark unter dem Vorjahreswert. Der Verlust belief sich auf 28 Millionen Mark. – Trotz einer Modernisierung der Verkaufsfilialen und eines "offenen Konzeptes", das den Kunden die Waren nicht mehr in Glasvitrinen, sondern direkt "begreifbar" präsentieren sollte, gelang der Spector NV der Turnaround bei Photo Porst nicht. Den Endpunkt des Engagements der Belgier stellt nun der Verkauf der Photo-Porst-Sparte an die PixelNet AG zum symbolischen Kaufpreis von 1 Mark dar. (klp)