Hemdsärmel als Passwort

Stoffe mit Computer-Funktionen sind ein faszinierendes Konzept, bislang aber wenig praxistauglich. Besserung könnte ein magnetisierbarer Faden bringen, der ohne Stromzufuhr und zusätzliche Elektronik Daten speichert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rachel Metz
Inhaltsverzeichnis

Vernetzte Gewebe und Stoffe gibt es seit vielen Jahren, angepriesen von Künstlern, Start-ups und zum Teil auch großen Unternehmen. So hat Google zum Beispiel über das Projekt Jacquard eine Partnerschaft mit Levi's geschlossen. Bei Verbrauchern finden diese Produkte bislang nicht viel Anklang – unter anderem wegen hoher Preise, begrenzter Funktionalität und Bedenken wegen der Haltbarkeit (denn auch vernetzte Kleidung muss wohl irgendwann gewaschen werden). Hoffnung bringen nun dennoch Forscher von der University of Washington.

Sie arbeiten an besseren sogenannten intelligenten Stoffen und konzentrieren sich dabei auf magnetisierte Textilien, die kleine Datenmengen speichern können; auslesen lassen sie sich von Feldstärkemessgeräten, wie sie in den meisten Smartphones bereits verbaut sind. Als Anwendungen dafür kommen unsichtbare Etiketten in Frage, ebenso wie die Nutzung von Hemden oder Armbändern anstelle von Passwörtern oder Schlüsselkarten. Außerdem haben die Forscher einen magnetisierten Faden in Handschuhen zur Gesten-Steuerung eines Telefons verwoben, für die keine zusätzliche Elektronik oder Batterien gebraucht wird. Bei einer Konferenz über Mensch-Maschine-Schnittstellen in Kanada Ende Oktober stellten sie einen Fachaufsatz zu ihrem Projekt vor.

Mehr Infos

Shyam Gollakota, Leiter des Networks and Mobile Systems Lab an der University of Washington, und sein Doktorand Justin Chan sind von ihrem Konzept überzeugt. Denn es basiert auf der Möglichkeit, Gewebe mit Hilfe von leicht verfügbaren, relativ preiswerten und unauffälligen leitenden Fäden zu magnetisieren. Die Stärke des Magnetfelds nimmt zwar im Lauf einer Woche ab. Doch wie sich zeigte, ließen sich sogar nach Waschen, Trocknen und Bügeln mit einem Android-Smartphone Daten noch daraus auslesen. "Der Faden ist extrem haltbar", sagt Chan. Zudem lasse er sich beliebig neu programmieren.

Um kurze Reihen von Nullen und Einsen als positive und negative Polaritäten in den Faden zu schreiben, verwendeten die Forscher Magneten. Auslesen konnten sie die Daten dann, indem sie ein Smartphone mit einer speziell dafür entwickelten App in die Nähe des magnetisierten Stoffes hielten. Dabei machten sie sich die Tatsache zunutze, dass Smartphones zur Navigation meist ein Magnetometer enthalten. In einem Demo-Video zeigen sie, wie ein Hemd mit einem Flicken aus magnetisiertem Faden eine mit einem Magnetometer ausgestattete Tür öffnen kann.

Passwort im Hemdsärmel (3 Bilder)

Anwendungsbeispiel: Der Türcode ist in dem speziellen Stoffstück gespeichert. Er wird von einer Reihe Magnetometer ausgelesen.

(Bild: Dennis Wise/University of Washington)

Neben Stoffstücken mit Magnetfäden haben die Forscher bereits Prototypen für programmierbare Accessoires wie Krawatten, Gürtel und Armbänder hergestellt. Bei den Handschuhen konnte ein Telefon Gesten wie Wischen und Tippen anhand von Änderungen des Magnetfelds in drei Dimensionen erkennen.

Bevor dieses Konzept in fertigen Kleidungsstücken zu finden sein wird, muss aber noch Einiges passieren. So erkannte ein Smartphone zwar sechs unterschiedliche Gesten mit dem Handschuh mit Magnetfaden in der Fingerspitze, doch die Genauigkeit dabei betrug nur 90 Prozent. Laut Gollakota steigt die Trefferquote allerdings auf 99 Prozent, wenn man die Zahl der Gesten auf vier beschränkt.

Hinzu kommt: Zwar ließe sich der magnetisierte Faden in einen Hemdsärmel integrieren und kann genügend Daten aufnehmen, um als Alternative zu einem RFID-Etikett zu dienen. Doch beispielsweise für eine Musiksammlung reicht die Kapazität bei weitem nicht aus. Inzwischen suchen die Forscher, wie Gollakota sagt, an Möglichkeiten, mehr Daten im Gewebe unterzubringen.

(sma)