Web Summit 2017: KI kann eine Bedrohung der Menschheit sein

In Lissabon beginnt der Web Summit, eine der größten Technik-Konferenzen der Welt. Zur Eröffnung am Montagabend überwogen nachdenkliche Töne – vorgetragen unter anderem von Stephen Hawking und dem UN-Generalsekretär.

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Web Summit 2017: KI kann eine Bedrohung der Menschheit sein

Mahnende Worte: Stephen Hawkings Grußbotschaft zur Eröffnung des Web Summit 2017.

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Mit deutlichen Warnungen vor den möglichen Nachteilen des technischen Fortschritts ist am Montagabend in Lissabon der achte Web Summit eröffnet worden. In den kommenden drei Tagen erwartet die über 60.000 Teilnehmer ein gemischtes Programm von Automobiltechnik über Fintech bis Software und Sport. Nach fünf Jahren in Dublin findet der Web Summit seit 2016 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon statt und hat sich zu einer der größten Technikkonferenzen der Welt entwickelt.

"Es ist unglaublich, dass so Viele aus aller Welt hier zusammenkommen", sagte Veranstalter Paddy Cosgrave am Montagabend in der gut gefüllten Altice Arena in Lissabon. Cosgrave hatte den Web Summit in Dublin gegründet, um die junge europäische Web-Szene mit Investoren zusammenzubringen. Zur ersten Konferenz 2010 waren rund 400 Teilnehmer gekommen – "darunter nur vier Investoren". Inzwischen sind es deutlich mehr – die steigende Teilnehmerzahl war auch ein Grund für den Umzug in die portugiesische Hauptstadt.

"Politische Führer und die CEOs von Technikunternehmen werden auf dem Web Summmit über die Chancen neuer Technologien sprechen – und über ihre Gefahren", sagte Cosgrave. Die gesellschaftlichen Risiken der aktuellen Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) betonte auch der Physiker Stephen Hawking in einem Grußwort an die Teilnehmer: "KI wird entweder das Beste sein, was der Menschheit jemals widerfahren ist – oder das Schlimmste."

KI habe das Potenzial, ganze Volkswirtschaften auf den Kopf zu stellen. Oder die Technik könne für autonome Waffensysteme und zur Unterdrückung missbraucht werden, mahnte Hawking. "Wir können nicht vorhersehen, was passiert, wenn wir den menschlichen Geist mit der KI verbinden." Die Teilnehmer ermunterte Hawking dennoch, weiter an der Entwicklung zu arbeiten. "Wir müssen das hinbekommen", sagte der Physiker, "und die gesellschaftlichen Vorteile maximieren."

Ins gleiche Horn stieß UN-Generalsekretär António Guterres und verwies zum Beispiel auf die Auswirkungen neuer Mobilitätstechnologien auf den Arbeitsmarkt. "Es besteht das Risiko massiver Arbeitslosigkeit auch in der entwickelten Welt", sagte der ehemalige portugiesische Ministerpräsident in Lissabon. "Wir können Gentechnik nutzen, um Krankheiten zu heilen – oder wir schaffen Monster", sagte Guterres. Das bedeute aber nicht, dass man mit solchen Entwicklungen aufhören solle, doch brauche die Entwicklung solcher Technologien klare Regeln.

Eine ziemlich klare Vorstellung, wie so ein Regelwerk aussehen kann, hat Margrethe Vestager. Die EU-Wettbewerbskommissarin verwies unter dem Applaus des Publikums auf ihre Bemühungen, US-Größen wie Facebook und Google an die Kette zu legen. "Jeder hier im Saal will das nächste Google sein", adressierte Vestager die zahlreichen Start-up-Vertreter. "Aber während du wächst, solltest du andere nicht behindern."

Ein freierer Wettbewerb sei einer der wichtigsten Faktoren für Innovationen, erklärte Vestager. "Wir wollen einen freien Markt – und paradoxerweise funktioniert der freie Markt nur mit ein paar Regeln", sagte die EU-Wettbewerbskommissarin. "Wir müssen sicherstellen, dass es nicht die Regeln des Dschungels sind, sonder demokratische Regeln."

Trotz der deutlichen Mahnungen ist in Lissabon von Technik-Pessimismus nichts zu spüren. Es überwiegt die Hoffnung, dass die aktuellen technischen Entwicklungen der Menschheit bei der Lösung ihrer dringendsten Probleme hilft – zum Beispiel bei der Bewältigung des Klimawandels, den UN-Generalsekretär Guterres als die größte Bedrohung unserer Zeit bezeichnete. "Aber die gute Nachricht ist: Die Wissenschaft ist auf unserer Seite." (vbr)