Internetfreiheit 2017: Online-Manipulationen in vielen Ländern gefährden die Demokratie

In mindestens 18 Ländern haben Desinformationen im Internet laut dem aktuellen Bericht von Freedom House zur Netzfreiheit eine wichtige Rolle in Wahlen gespielt. Staatliche Zensur trifft vor allem den Mobilfunk und Live-Videos.

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Internetfreiheit 2017: Online-Manipulationen in vielen Ländern gefährden die Demokratie

(Bild: freedomhouse.org)

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Regierungen in 30 von 65 Ländern weltweit haben zwischen Juni 2016 und Mai 2017 Manipulationstaktiken eingesetzt, um Online-Informationen zu verzerren, Diskussionen zu kontrollieren und sich selbst in ein besseres Licht zu setzen. Im vorherigen Untersuchungszeitraum waren es noch führende Politiker in 23 Staaten. Dies ist eines der Ergebnisse des Berichts Freedom of the Net 2017, den die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House am Dienstag veröffentlicht hat. Manipuliert worden sei mit bezahlten Kommentatoren, Trollen, Bots, gefälschten Nachrichtenseiten oder digitalen Propagandaschleudern.

Desinformationen, die vor allem über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter gestreut wurden, hätten in Wahlkämpfen in mindestens 18 Ländern eine wichtige Rolle gespielt. Dazu zählten vor allem die USA in den Auseinandersetzungen rund um Donald Trump und seine Herausforderin Hillary Clinton.

Die Online-Manipulationen haben zusammen mit zunehmenden Störungen und Unterbrechungen mobiler Internetdienste und "dramatisch" verstärkter körperlicher und technischer Angriffe auf Menschenrechtsverfechter und unabhängige Medien zum siebten Mal in Folge dazu geführt, dass sich der Status der Internetfreiheit insgesamt verschlechtert hat. Dies sei prekär, da die Analyse 87 Prozent der Internetnutzer weltweit abdecke.

Den meisten Regierungen gehe darum, die Meinungen innerhalb ihrer nationalen Grenzen zu beeinflussen. Eine der Ausnahmen stelle eine Desinformationskampagne im US-Wahlkampf dar, für die Russland verantwortlich sei. Generell kann die Pluralität der Meinungen in den USA ihrer Ansicht nach zwar als gesichert gelten, die Verbreitung von "Fake News" dort sei aber nach wie vor bedenklich. So seien etwa Journalisten, die Trumps Positionen hinterfragt hätten, online massiv bedroht worden. Auch wegen solcher Vorkommnisse sind die Vereinigten Staaten im Index zur Online-Freiheit vom vierten auf den sechsten Platz abgerutscht. Besorgniserregend seien die Regierungsanfragen nach den IP-Adressen von Besuchern der Protestseite disrupt20.org gewesen.

Regierungen in 14 Ländern haben dem Bericht nach die Internetfreiheiten generell eingeschränkt, um gegen die Manipulation von Inhalten vorzugehen. Die Ukraine etwa habe aus diesem Grund viel genutzte russische Angebote blockiert. Deutschland konnte sich zwar um einen Zähler wieder auf den 4. Platz hinter Estland, Island und Kanada etwas nach vorn schieben, muss sich aber Kritik gefallen lassen wegen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das zu einer "präventiven" Löschung kontroverser Inhalte in sozialen Medien führen könne, sowie wegen Rufen konservativer Politiker nach einer ausgeweiteten Vorratsdatenspeicherung.

Insgesamt hätten sich laut dem Bericht die Internetfreiheiten in 32 Ländern verschlechtert. Auf dem letzten Platz landete zum vierten Mal in Folge China, gefolgt von Syrien und Äthiopien. Freedom House bezeichnet sich selbst als unabhängige Bürgerrechtsorganisation; es gibt aber auch Vorwürfe der Parteilichkeit, da Institutionen der US-Regierung sowie private Stiftungen wie die Open Society Foundations von George Soros zu ihren größeren finanziellen Unterstützern zählen. (anw)