Videospiel-Soundtracks: Nicht nur der Ton macht die Musik

Der technische Fortschritt von Videospielen wird meist vor allem anhand ihrer Grafik gemessen. Dabei ist die Musik mindestens genauso wichtig für den Erfolg und die Faszination.

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Videospiel-Soundtracks - Nicht nur der Ton macht die Musik

(Bild: Nintendo)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dominik Schott
  • dpa

Seit über 40 Jahren sind Videospiele Teil der Unterhaltungskultur. Während dieser Zeit haben sie sich mit gigantischen Schritten weiterentwickelt. Gemessen wird dieser Fortschritt dabei meist zuallererst an der grafischen Präsentation: Aus Pixelblöcken wurden 3D-Objekte und Szenen, die früher nur mit viel Fantasie erkennbar waren, ähneln in ihrer Qualität Kinofilmen. Abseits dieser bildgewaltigen Fortschritte hat sich aber auch die Videospielmusik rasant entwickelt.

Was in den späten 1970er Jahren vor allem nur ein melodisches Piepen und Surren war, kann mittlerweile ein echter Soundtrack mit hohem Wiedererkennungswert sein. Ein bekanntes Beispiel ist etwa die Titelmelodie des berühmten Klempners Mario, dessen musikalisches Thema die Sprünge des Helden nachahmt. Und auch die Melodie von Tetris ist wohl vielen bekannt, die zwar simpel komponiert ist, aber mit ihrer stetig anschwellenden Geschwindigkeit echten Ohrwurm-Charakter hat.

Einem Spiel einen unverkennbaren Soundtrack zu verpassen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Melanie Fritsch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth. Sie kennt die Häkchenliste, die ein gelungener Soundtrack erfüllen muss: "Eine gute Spielmusik soll, ähnlich wie beim Film, das Setting des Spiels reflektieren", sagt sie. Die Musik wird dabei zur weiteren Erzählebene, etwa wenn Ereignisse dramatisch untermalt werden.

Komponisten schrecken dabei auch nicht davor zurück, musikalische Klischees und bekannte Themen aus Cartoons, Oper oder TV zu nutzen: "Denken wir zum Beispiel an 'Super Mario Bros.', in dem die Unterwasser-Level von einem Walzer, dem 'Underwater-Waltz', begleitet werden", sagt Fritsch. Diese Verknüpfung von Wasser und Dahingleiten oder Schwerelosigkeit mit Walzermusik sei auch aus Filmen, wie Stanley Kubricks "2001 - Odyssee im Weltraum" bekannt. Hier wird Strauss' Werk "An der schönen blauen Donau" zur Untermalung von Raumschiff-Flügen genutzt. Andere Spiele nutzen Songs bestimmter Epochen, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Dazu zählt etwa die "Fallout"-Reihe, die auf das Liedmaterial der 1940er und 50er Jahre setzt.

Komponisten für Spiele haben im Vergleich zu anderen Medientypen eine zusätzliche Herausforderung: "Neben der untermalenden Funktion soll Videospielmusik auch Informationen über das Spielgeschehen liefern", erklärt Fritsch. Denn anders als ein Filmzuschauer sind Spieler aktiv in die Spielereignisse involviert und können auf die Musik reagieren. Manche Spiele nutzen etwa Klänge, um das Erscheinen von Gegnern oder den Beginn von Kampfsituationen anzuzeigen.

Ein gutes Beispiel ist laut Fritsch der Zombie-Shooter "Left 4 Dead". Hier gibt es klassische Elemente von Horror-Soundtracks, etwa Geigen und kurze, leichte, atonale Piano-Tonfolgen. Zum anderen bekommen besonders starke Gegnern jeweils zwei musikalische Motive zugeordnet - eines, das ihre Nähe signalisiert, und eines, das einen Angriff anzeigt. "Auf diese Weise trägt die Musik nicht nur als Hintergrunduntermalung zur Atmosphäre bei, sondern macht mich, wenn ich aufmerksam bin, sogar zu einem besseren Spieler", sagt Fritsch. (dahe)