Für Wetterberichte und Klimaforschung: Aeolus Windsatellit nach 16 Jahren fertig

Der Windsatellit Aeolus soll Wetterberichte verbessern und der Klimaforschung helfen. Nach jahrelangen technischen Problemen ist er endlich fertig.

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Aeolus Satellit im Reinraum Toulouse

Der Aeolus-Windsatellit im Reinraum bei Airbus Space and Defense in Toulouse

(Bild: Michael Link (c't))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Link

Der Wind-Satellit Aeolus steht nach rund sechzehn Jahren massiver technischer Probleme kurz davor, zum Start mit einer Vega-Rakete nach Kourou verschifft zu werden. Am Dienstag lud die Europäische Raumfahrtagentur ESA Journalisten nach Toulouse ein, um den Satelliten auf dem Gelände von Airbus Space and Defense in Augenschein zu nehmen. Mit einer neuen Technik soll er zum ersten Mal globale Windmessungen vom Boden bis in 30 Kilometer Höhe ermöglichen und damit globale Windprofile.

Dafür trägt der 1,7 mal 1,7 mal 4 Meter und 1,4 Tonnen schwere Satellit als einzige Nutzlast die "Wunderlampe" Aladin, was ausgeschrieben für Atmospheric Laser Doppler Instrument steht. Das Konzept basiert auf dem so genannten LIDAR (Light detection and ranging), also der Entfernungsmessung mit Hilfe des Lichts, in diesem Fall UV-Licht.

Windsatellit Aeolus (6 Bilder)

Aeolus von schräg vorn

Der Satellit auf seinem Transportwagen. Vorn, unter der Goldfolie befindet sich die Aladin-Vorrichtung mit dem Laser und dem Teleskop. Aladin wiegt etwa 500 Kilogramm, der Sprit 266 Kilogramm und der gesamte Satellit 1,4 Tonnen.
(Bild: Michael Link (c't))

Der ESA-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme, Josef Aschbacher, sagte: "Es ist das erste Mal, dass ein solches System im Weltraum verwendet werden soll." Das Prinzip: Eine UV-Laserstrahl mit 355 Nanometern und einer Leistungsdichte von 55 Megawatt pro Quadratzentimeter wird per Teleskop (1,5 Meter Durchmesser) gepulst auf die Erdoberfläche gerichtet. Das gleiche Teleskop sammelt die von Teilchen und Molekülen in der Atmosphäre zurückgeworfenen Signale wieder ein und ein Computer berechnet aus der Zeitdauer zwischen Ausstrahlung und Empfang die Distanz und aus dem durch den Dopplereffekt erzeugten Frequenzversatz das Tempo der Bewegung der Teilchen.

Der Satellit nimmt in einem 90 Kilometer breiten Streifen Backscatter-Signale seines eigenen UV-Lasers auf und berechnet daraus Windprofile vom Boden bis in 30 Kilometern Höhe

(Bild: ESA)

Anders Elfving, der mittlerweile dritte Projektmanager in 16 Jahren, erläuterte einige der aufgetretenen Schwierigkeiten: Für die Signalerzeugung waren Kristalle besonderere Reinheit nötig, die man erst nach langer Suche in Russland auftrieb. Im Vakuum zerstörte der UV-Laser immer wieder die Beschichtung des Teleskopes. Eine Lösung dafür zu finden, die wenigstens für die beabsichtigte Laufzeit von drei Jahren hält, war schwierig: Der Fertigungsaufwand für jede neue Beschichtung ist enorm und Tests zeitfressend, da ja die Haltbarkeit über einen langen Zeitraum ermittelt werden musste. Die Prüfkammern müssen dazu gleichzeitig ein annäherndes Vakuum und die Temperaturverhältnisse im All nachbilden sowie Messmöglichkeiten für die Aladin-Vorrichtung enthalten.

Die anhaltenden technischen Probleme gefährdeten das Projekt. Es benötigte im Vergleich zu einigen renommierten Bauprojekten zwar sehr viel mehr Zeit zur Fertigstellung, aber deren Kosten wuchsen nicht im gleichen Tempo mit. So betragen die Gesamtkosten nur 481 Millionen Euro und die Liste der Interessenten an den Daten ist lang.

Falls Aeolus als Pionier-Satellit gute Daten produziert, ließen sich daraus bessere Wetterprognosen für den wichtigen 7-Tage-Zeitraum gestalten, was sich beispielsweise beim Anordnen von Maßnahmen für Katastrophen auszahlt. Bislang mussten sich Wetterdienste auf vergleichsweise wenige Winddaten verlassen, für weite Teile der Erde gab es weder Bodenstationen, noch Wetterballons, besonders der afrikanische Kontinent sowie die Arktis und Antarktis sind kaum abgedeckt.

Durch die umfassenderen Aeolus-Daten sollen sich auch Langfrist-Effekte auf das Klima besser berechnen lassen. Noch mehr Daten könnte man durch weitere Satelliten nach Aeolus-Art gewinnen, so dass durchaus die Idee im Raum steht, das System auszubauen. Aeolus kann als Wegbereiter dafür dienen.

Der Aeolus-Satellit wird die Erde nach seinem Start am 21. August sonnensynchron in 320 Kilometern Höhe umlaufen. Die Orbit-Wiederholrate beträgt 7 Tage (bei 111 Umläufen). Die Daten werden von Bodenstationen in Kiruna (Schweden) und Svalbard (Norwegen) empfangen, die Mission Control übernimmt das ESOC in Darmstadt und das Operationsmanagement geschieht im italienischen Frascati im ESA-Zentrum für Erdbeobachtung (ESRIN). Die gewonnen Daten sollen Nutzern wie den Wetterdiensten bereits jeweils zwei Stunden nach Erfassung zur Verfügung stehen. Alle Daten sollen für jedermann frei nutzbar sein.

Der Satellit steht in einer Reihe mit etlichen Erdbeobachtungssatelliten wie Sentinel-3B, der im April gestartet war und zum Copernicus-Projekt gehört, das nun bereits sieben Satelliten umfasst. (mil)