Am Anfang war der Lachs

Mit einem doppelt so schnell wachsenden Fisch kam das erste genveränderte Nutztier auf den Markt. Weitere Tiere, die etwa krankheitsresistent oder allergenfrei gemacht wurden, dürften bald folgen.

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Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Wenn in Kanada fünf Tonnen Lachs über den Ladentisch gehen und dieser Umstand in Deutschland eine Meldung wert ist – dann muss es schon ein besonderer Lachs sein. Tatsächlich handelte es sich um das erste genveränderte (GV) Nutztier, das für den menschlichen Verzehr zugelassen wurde.

Die Firma AquaBounty Technologies hatte ihn mit zwei neuen Gensequenzen aus anderen Fischarten ausgestattet. Dadurch legt er im Winter keine Wachstumspause mehr ein und wächst fast doppelt so schnell zur Endgröße heran, also in 18 statt 30 Monaten. Im August 2017 meldete AquaBounty erste Verkaufszahlen.

TR 13/2017

Der Artikel stammt aus der neuen Ausgabe von Technology Review. Das SPECIAL-Heft ist ab 7.12.2017 im Handel und ab sofort im heise shop erhältlich.

Andere Länder dürften bald folgen: Auch in den USA ist der Turbo-Lachs an sich bereits zugelassen. AquaBounty muss dort als letzte Auflage nur noch darlegen, wie Kunden über den GV-Aspekt informiert werden sollen.

Der Lachs dürfte zudem nicht das einzige gentechnisch veränderte Nutztier auf dem Markt bleiben. Weltweit arbeiten Unternehmen und Forschungsinstitute daran, Nutztiere mit neuen Gen-Editierverfahren viel schneller und präziser mit neuen Eigenschaften auszustatten, als es mit traditioneller Zucht möglich ist. Die unter dem Sammelbegriff molekulares Züchten zusammengefassten Methoden sollen nicht nur Sorten mit mehr Muskelfleisch ermöglichen.

Sie sollen den Tieren auch schmerzhafte Prozeduren wie das Enthornen ersparen, sie vor fatalen Krankheitserregern schützen oder allergenfreie Lebensmittel liefern. Die Erbgutveränderung ist oft nicht von einer natürlichen Mutation zu unterscheiden. Die Lebensmittel würden unter Umständen also nicht unter die Kennzeichnungspflicht fallen – sehr zur Freude der Anbieter dahinter.

Zu den nächsten kaufbaren GV-Tieren könnten die Rinder von Recombinetics gehören, denen mittels molekularer Zucht die Hörner genommen wurden. Dazu fügte das Tochterunternehmen Acceligen in das Erbgut von milchgebenden Holstein-Rindern Gensequenzen von Angus-Rindern ein, die von Natur aus keine Hörner haben. Das Unternehmen hat Ende 2016 bei der Zulassungsbehörde FDA den sogenannten GRAS-Status (generally recognized as safe) für Lebensmittelzusätze beantragt.

Das britische Unternehmen Genus wiederum hat mit Forschern der University of Missouri eine Art genetische Impfung gegen die unheilbare Krankheit PPRS entwickelt, eine der weltweit bedeutendsten Virusinfektionen für Schweine. Sie lässt Feten sterben oder krank und fehlgebildet zur Welt kommen. Die ersten resistenten Schweine wurden vor zwei Jahren geboren. Bis zur Vermarktung dürfte es laut Genus allerdings noch ein paar Jahre dauern.

Auch Tim Doran von der australischen Forschungsbehörde CSIRO muss sich noch gedulden. Zusammen mit Forschern von der Deakin University in Melbourne will er Hühner gentechnisch so verändern, dass vier Proteine im Eiweiß ihrer Eier keine Allergien mehr auslösen – bei einem davon hat das bereits geklappt. Doran hat ein persönliches Interesse daran, dass es seine Forschung auf den Markt schafft.

Seine eigene Tochter im Teenageralter leidet an einer Eiweißallergie. Ob und wann die allergenfreien Eierproduzenten fertig und zugelassen werden können, darüber will Doran nicht spekulieren. Dem Magazin "Scientific American" verriet er aber: "Wenn es so weit ist, habe ich hier jemanden, der auf das erste Ei wartet."

(bsc)