SID: Sonnenbrillen mit Bildschirm

Wer im Flugzeug oder in der Bahn vertrauliche Daten bearbeiten muss, kann dank Sonnenbrille mit integriertem Microdisplay mit absoluter Diskretion rechnen.

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Viele Sonnenbrillen fristen ihr Dasein heute als cooler Haarschmuck, die Augen schützen sie nur selten. Letzteres ist bei den Nasengestellen von Inviso und MicroOptical kaum anders. Hier sollen die Brillen allerdings sinnvoller genutzt werden: Sie integrieren kleine Mikrodisplays, die ins Auge des Betrachters Daten oder gar Filme projizieren können.

Inviso setzt auf ein so genanntes Head Mounted Display (HMD), das wie die dicke Variante einer hippen Sonnenbrille aussieht. In jedem Brillenglas der eShades sitzt ein reflektives Optiscape-Mikrodisplay von Inviso mit Aktiv-Matrix-Ansteuerung und die Projektionsoptik; kleine LEDs sorgen für die notwendige Beleuchtung. Der Brillenträger blickt durch die eShades auf einen circa zwei Meter entfernten vituellen Bildschirm mit 19-zölliger Diagonale. Die Brille wird über einen 15-poligem Sub-D-Stecker bei 60 bis 90 Hertz am VGA-Ausgang des PCs betrieben. Mit 800 x 600 Bildpunkten (SVGA) und sechs Bit Farbtiefe sollen die Brillen im Mobilbetrieb beispielweise das Notebook-Display ersetzen: Wer im Flugzeug oder in der Bahn vertrauliche Daten bearbeiten muss, kann dank eShades mit absoluter Diskretion rechnen – der Sitznachbar bekommt garantiert nichts mit. Weiterer Vorteil: Die Brille verbraucht nur zwei Watt und damit weniger, als das dann abschaltbare Notebook-Display. Allerdings muss man einen zusätzlichen Batteriepack für die Brille dabei haben. Die nächste Brillengeneration soll ab dem ersten Quartal 2002 neben VGA auch S-Video und Composite unterstützen sowie per NTSC und PAL auch Fernsehschauen ermöglichen. Die Gamer dürfen sich dann auch auf den direkten Support für Playstation & Co freuen. Ähnliche Videobrillen gibt es auch von Sony, Olympus und Daewo.

Der Hersteller will die eShades noch in diesem Herbst ausliefern, man kann sie hierzulande per Internet für etwa 600 Dollar direkt bei Inviso ordern. Voraussichtlich wird es auch eine OEM-Version des eShades vom taiwanischen Hersteller Delta Electronics geben. Die Xybernout Corp, bekannt durch ihre am Körper tragbaren Computer, wollen monokulare Mikrodisplays von Inviso in ihren HMDs nutzen. Beides gab Inviso auf der SID bekannt.

MicroOptical stellt die kleinen Anzeigen nicht selbst her, doch das Unternehmen wartet auf der SID mit interessanten Varianten tragbarer Projektionsschirme auf: MicroOptical klickt das Mikrodisplay nebst Optik einfach an ein herkömmliches Brillengestell. Anders als bei Inviso wird das Sichtfeld des Benutzers so kaum eingeschränkt. Die Firma aus Massachusetts hat derzeit drei Varianten der Clip-On-Geräte im Programm. Ein Projektionsdisplay mit 640 x 480 Bildpunkten arbeitet am herkömmlichen VGA-Ausgang des PC und kann virtuelle 15-zöllige Schirme vor das Auge des Betrachters zaubern. Für die notwendigen 3,5 Watt sorgt eine LiIon-Batterie, das Clip-On wiegt 40 Gramm. Die zweite Variante ist ein monochromer Viewer mit S-Video-Anschluss. Diese dürfte vor allem für industrielle Anwendungen und weniger für den Privatgebrauch interessant sein. Der ASCII-Viewer für den seriellen Port (Standard DB-9) versteht sich dagegen auf die Darstellung von Text, seine Auflösung umfasst 320 x 240 Bildpunkte. Er wird über zwei AAA-Batterien versorgt und bringt 28 Gramm auf die Waage. Ein Prototyp, der direkt mit einem Handy verbunden war, zeigte, wie komfortabel sich E-Mails mit den Nasenzwickern lesen lassen. Einziger Störfaktor der monokularen Viewer: Wer zuviel wackelt, hat die Brille schnell schief auf der Nase sitzen. MicroOptical bietet derzeit Evaluationkits bestehend aus neutraler Brille, Viewer und Ansteuerelektronik für 1000 bis 2500 US-Dollar an. Mit kommerziellen Massenprodukten rechnet der Hersteller in etwas zwei Jahren. (uk/c't) / (wst)