Wenn das Sexspielzeug spioniert

Das Internet of Things dehnt sich in Bereiche aus, in denen es eigentlich nichts verloren hat – und verursacht Datenschutzalpträume.

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Inhaltsverzeichnis

Es gibt einen höchst lesenswerten Twitter-Account, der sich "Internet of Shiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit" nennt. Das Projekt eines anonymen IT-Fachmannes fasst die verrücktesten und problematischsten Gerätschaften zusammen, die heute mit Onlinezugang ausgestattet werden – und macht sich herzlich über sie lustig. "Egal, steck' halt einen Chip rein", lautet das übergeordnete Motto der hier versammelten Internet-of-Things-Verriss-Tweets. Sie handeln von Technik-Nonsense, schweren Sicherheitslücken und echten Datenschutzkatastrophen.

Ein hier hervorragend hinein passendes Stück IoT-"Hardware" sorgte kürzlich in Asien, den USA und Teilen Europas für Aufregung. Eine Firma aus Hongkong hatte ein Sexspielzeug entwickelt, das sich mittels Android-App fernsteuern ließ. Die Idee: Während der Partner / die Partnerin sich mit dem Gerät vergnügt, kann Partner 2 / Partnerin 2 sich am anderen Ende der Welt hinzuschalten und das Erlebnis per Internet sogar mitkontrollieren.

Faszinierenderweise verlangte das Programm Zugriff auf das Mikrofon des Smartphones sowie die Kamera. Das dürfte den meisten Nutzern nicht komisch vorgekommen sein, weil die App auch noch eine Chatfunktion hatte, mit der man kurze Audio- und Videobotschaften versenden konnte. Einem User fiel dann allerdings auf, dass das Mikrofon während der Liebesspielsitzungen ständig aktiv war und eine mehrere Minuten lange Tonaufzeichnung auf das lokale Speichermedium schrieb.

Laut Angaben des Herstellers handelt es sich dabei allerdings nur um einen "kleineren Fehler", der zudem nicht iPhones betreffen soll. Keine Informationen seien auf die Server des Unternehmens gelangt und die Tondateien seien sowieso nur "temporär" gewesen, wie die Firma in einem Forum postete.

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Damit die Tonfunktion genutzt werden könne, müsse eine "lokale Zwischenspeicherdatei" geschrieben werden, hieß es in einem weiteren Statement. "Diese Datei sollte nach jeder Sitzung gelöscht werden." Aufgrund eines Fehlers sei dies aber "nicht erfolgreich" geglückt. Stattdessen sei eine Sitzung von der nächsten überschrieben worden. Man habe den Bug mittlerweile "gefixt". Wieso die App überhaupt beim Liebesspiel mitlauschen muss, blieb ungeklärt.

Ob die gesamte Nutzerschaft dem Hersteller die Fehlerbehebung samt Begründung abnimmt, ist unklar. In einem anderen Fall hat ein weiterer Anbieter von IoT-fähigen Sexspielzeugen bereits gerichtlichen Ärger bekommen. Hier hatte die Firma zu viele persönliche Daten seiner Nutzer gesammelt, was zu einer pikanten Sammelklage führte.

Insgesamt 3,75 Millionen US-Dollar soll dann laut amerikanischen Medien eine außergerichtliche Einigung gekostet haben, die Klagebeteiligten pro Person rund 200 Dollar eingebracht haben könnte. In der Tat ein "Internet of Shiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit", das man sich tunlichst aus dem Schlafzimmer heraushalten sollte. (bsc)