Südkorea will Digitalwährungen besteuern

Die Rekordjagd beim Bitcoin hält an, gleichzeitig steigt die Zahl der Kritiker und Warnungen – die australische Notenbank spricht gar von "spekulativem Wahn". Das G20-Land Südkorea tritt auf die Bremse.

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Südkorea will Digitalwährung besteuern
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Von
  • dpa
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Bemühungen zur Eindämmung des Handels mit Bitcoin in Südkorea sowie die Aussicht auf mögliche Wetten gegen die umstrittene Digitalwährung haben die Euphorie um das Cybergeld gebremst. Südkorea erwäge die Besteuerung von Kapitalgewinnen aus dem Handel mit solchen Währungen, teilte das Büro für die Koordinierung der Regierungspolitik am Mittwoch nach einer Dringlichkeitssitzung mit. Unterdessen warnt mit dem Chef der australischen Notenbank erneut ein führender Währungshüter vor der Digitalwährung – betont aber zugleich, dass man sich selbst mit der Technik befasse.

Neben der möglichen Besteuerung will Südkorea auch verhindern, dass Minderjährige mit Kryptowährungen handeln und Anlagekonten eröffnen können. Das Verbot für Finanzinstitute, mit virtuellen Währungen zu handeln, soll aufrechterhalten bleiben. Südkorea gehört zur wichtigen G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer und gilt als eine wichtige Bitcoin-Hochburg.

Die Möglichkeit von Regulierungen durch Staaten gilt als Achillesferse des Bitcoin. Entsprechend wurde die Digitalwährung am Vormittag etwas unter dem Niveau vom Vorabend gehandelt. Mit deutlich über 16.000 Dollar auf den wichtigsten Handelsplätzen bleibt sie aber extrem hoch bewertet. Auf dem Handelsplatz Bitstamp kostete der Bitcoin zuletzt rund 16.500 Dollar.

Zum Wochenbeginn war der Kurs erstmals auf allen wichtigen Handelsplätzen über 17.000 Dollar gestiegen. Auslöser dafür war, dass der US-Börsenbetreiber CBOE erstmals einen Terminkontrakt auf Bitcoin angeboten hat. Dadurch können Bitcoin faktisch auch am klassischen Finanzmarkt gehandelt werden und nicht nur auf spezialisierten Online-Portalen. Zu Jahresbeginn kostete ein Bitcoin noch 1000 Dollar. Seither ging es steil aufwärts.

Experten warnen jedoch vor der Unberechenbarkeit der Digitalwährung. Am Mittwoch bemängelte in einer Rede der Chef der australischen Notenbank, Philip Lowe, dass der Bitcoin als Zahlungsinstrument vor allem für illegale Transaktionen attraktiv sei. Und: "Die derzeitige Faszination für diese Währungen fühlt sich eher an wie ein spekulativer Wahn, als dass es mit ihrer Verwendung als effiziente und bequeme Form des elektronischen Zahlens zu tun hätte." Der Wert des Bitcoin schwanke stark, die Transaktionskosten seien hoch und der Stromverbrauch "atemberaubend".

Dass der Bitcoin so viel Energie frisst, hat mit einem technischen Konstruktionsprinzip zu tun: Täglich werden neue Bitcoin durch das sogenannte Mining geschaffen, bei dem Nutzer mit immer komplizierter werdenden Rechenprozessen um die Zuteilung buhlen. Das treibt die erforderliche Rechenleistung nach oben. Alex de Vries, einer der weltweit führenden Kryptowährungs-Experten, schätzt den Stromverbrauch durch das Bitcoin-System auf derzeit 32,5 Terawattstunden im Jahr. Das entspreche dem Strombedarf des Landes Serbien.

Inzwischen gibt es außerdem Bitcoin-Kritiker, die vor negativen Effekten für den klassischen Finanzmarkt warnen. Zu ihnen gehört der Milliardär Thomas Peterffy, Chef des Finanzdienstleisters Interactive Brokers. Er kündigte am Mittwoch gegenüber der Financial Times an, sein Unternehmen werde seinen Kunden ab Ende der Woche Wetten gegen den Bitcoin anbieten.

Kritiker warnen zudem, beim Bitcoin liege zu viel Macht in zu wenigen Händen. Die Welt berichtete am Mittwoch mit Bezug auf die Webseite Bitinfo, dass gerade einmal 112 Investoren knapp 20 Prozent aller Bitcoin besitzen. Diese Machtkonzentration könne Manipulationen Tür und Tor öffnen. Hinzu kommen Risiken von Diebstahl und Hackerangriffen. Immer wieder werden Bitcoin-Börsen attackiert, zuletzt wurde etwa der slowenische Anbieter Nice Hash bestohlen. Am Dienstag griffen zudem Hacker die große Handelsplattform Bitfinex an.

Der zunehmenden Beliebtheit von Bitcoin und anderen Digitalwährungen tut das alles bislang keinen Abbruch. Nach Daten Webseite Coinmarketcap.com wurde in der Nacht auf Mittwoch die Grenze von einer halben Billion US-Dollar Marktkapitalisierung überschritten. So viel sollen alle Kryptowährungen, von denen es mittlerweile mehr als 1300 geben soll, zusammen wert sein. Mehr als die Hälfte davon entfalle auf Bitcoin.

Außerdem zeigte sich am Mittwoch trotz aller Kritik am Bitcoin einmal mehr, wie groß das Interesse an der dahinter stehenden Technik auch in der etablierten Finanzwelt ist. Lowe betonte, dass Australiens Notenbank offen sei für die Blockchain-Technik sowie die Möglichkeit, die Landeswährung mit dieser Technik zu verknüpfen. Sein Institut stehe zu dem Thema mit Finanz- und IT-Firmen sowie mit anderen Notenbanken im Kontakt. (anw)