Finde den Fehler

Neue Technologien erlauben gefälschte Videos oder Sprachaufnahmen, die Laien kaum mehr als solche erkennen können. Wie sollen wir damit umgehen?

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Denis Dilba

Dieser Artikel-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft 01/2018 ist ab 21.12.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Stellen Sie sich vor, Angela Merkel würde in einem Video sagen: „Unser Ziel ist die Islamisierung Deutschlands.“ Rechtspopulisten würden eine ihrer großen Verschwörungstheorien bestätigt sehen. Aber Sie sollten den Satz nicht glauben, denn er ist nie gefallen. Leider wird es 2018 schwerer als je zuvor, seinen Augen und Ohren zu trauen. Wissenschaftler vom Graphics and Imaging Lab (GRAIL) der University of Washington haben im Juli 2017 ein KI-Verfahren präsentiert, das Sprachaufzeichnungen in Lippenbewegungen verwandeln kann. Die Software kann Politikern vom Bürgermeister bis hinauf zur Bundeskanzlerin Worte in den Mund legen, die keiner der Betroffenen je gesagt hat. Kommendes Jahr könnten Fake News damit eine völlig neue Dimension bekommen. Google-Forscher und KI-Experte Ian Goodfellow warnte auf der Konferenz EmTech am Massachusetts Institute of Technology Anfang November bereits, skeptischer zu sein, wenn es um Nachrichten geht. Vielleicht müssten wir uns sogar daran gewöhnen, den meisten Multimedia-Inhalten im Internet nicht mehr zu glauben, sagt Goodfellow. Glaube keinem Beweis, den du nicht selbst gefälscht hast, könnte der zynische Schluss lauten.

Möglich werden diese beunruhigenden Kunststücke durch neuronale Netzwerke. Das Team um Junginformatiker Supasorn Suwajanakorn ließ seine Software rund 14 Stunden Videomaterial von Barack Obama analysieren. Das Programm lernte so bis ins kleinste Detail, wie sich Obamas Lippen, Mundpartie und Hals bewegen, wenn er spricht. Die nachgebaute Mimik lässt sich anschließend nahezu perfekt in fremde Videos kopieren. Vor der Kamera, sagen die US-Forscher, könnten sie den ehemaligen US-Präsidenten nun alles sagen lassen. Als Beweis ließen sie Obama in aktuellen TV-Aufnahmen eine seiner alten Reden sprechen. Im Originalton erzählte er etwas vollkommen anderes. Das funktioniert auch für normale Menschen, da die US-Software bereits aus kurzen, unscharfen Aufnahmen aus Skype, Apple Facetime oder Google Hangouts Lippenbewegungen lernen kann.

(rot)